„Ornament ist vergeudete Arbeitskraft und dadurch vergeudete Gesundheit“, schrieb Adolf Loos, der Wegbereiter der modernen Architektur, 1908 in seinem Manifest Ornament und Verbrechen und ergänzte: „Der moderne Mensch, der Mensch mit den modernen Nerven, braucht das Ornament nicht, er verabscheut es.“ Mehr als ein Jahrhundert später gehören rechte Winkel, glatte Betonfassaden und der Verzicht auf jegliches Dekorum in der internationalen Baubranche noch immer zum guten Ton. Frühe Modernisten wie Le Corbusier, Marcel Breuer, Alvar Aalto und Richard Neutra werden von der Kreativszene verehrt wie Heilige: Bewaffnet mit ihren Leicas und Wallpaper-Reiseführern pilgern die Anhänger der klaren Kante zu versteckten Bungalows – die mittlerweile für ansehnliche Summen gehandelt werden – und träumen davon, einmal selbst in einen Mid-Century-Kubus einzuziehen.
Matt Gibberd und Albert Hill haben der von ihnen verehrten Architekturmoderne nun mit einem prächtigen Bildband, der gerade bei Phaidon erschienen ist, die Ehre erwiesen. Die beiden Autoren, die sich mit der alternativen Immobilienplattform The Modern House einen Namen gemacht haben, scheinen besondere Puristen zu sein – zeigen sie die minimalistischen Kuben und Würfel von gestern und heute doch allesamt in reduzierten Schwarzweiß.
Fotos: Richard Powers / Tomáš Manina via Phaidon