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Mit trockenen Martinis besiegelt: Der legendäre Gulf-Vertrag

Mit trockenen Martinis besiegelt: Der legendäre Gulf-Vertrag

„Reise doch einen Tag früher an und mache einen Stopp bei uns in Pittsburgh …“ Diese informelle Einladung, die John Wyer vom Gulf Oil Management im Oktober 1966 erhielt, führte zu einem selbst verfassten One-Pager, der eine Motorsport-Legende begründete.

Der Co-Pilot schenkte dem trinkfesten Manager ordentlich ein.

Dieser Vertrag skizzierte eine Partnerschaft, die bis 1975 dauern sollte: das Gulf Oil Rennteam war geboren. Und was war mit den trockenen Martinis? Wyer wurde der firmeneigene Sabreliner für seinen Transfer von New York nach Pittsburg angeboten. Der Co-Pilot, der sich zugleich als „effizientester Steward“ erwies, schenkte dem trinkfesten Manager, der schon bei Aston Martin den Ton angab und das GT40 Programm begründete, ordentlich ein.

Der erste Kontakt zu Gulf entstand nur geraume Zeit zuvor, als Executive Vive-Präsident Grady Davis die Ford-Abteilung Advanced Vehicles kontaktierte, um von dort einen straßen- und renntauglichen GT40 für eigene Zwecke zu erhalten. Die Besprechung kam schnell auch auf das Thema eines möglichen Sponsorships, während Wyer ganz unverbindlich einen möglichen neuen Weg der Zusammenarbeit im Motorsport skizzierte: Warum sollte man nicht statt einer lockeren Allianz mit verschiedenen Formel-1-Rennställen eine exklusive Zusammenarbeit mit nur einem Rennteam wagen? Die Autos würden damit die Farben des Sponsors tragen und auch dessen Design und Marken-Logo übernehmen. Ein Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans erzeugte in jener Zeit weitaus mehr Publicity als ein Podium in der Formel 1.

Damals war der GT40 noch in dunklem Blau und Orange gehalten, da dies die Farbgebung der Gulf-Tankstellen gewesen ist.

Besprochen und abgemacht: So startete am 4. und 5. Februar 1967 beim 24 Stunden Rennen von Daytona ein GT40, der von JW Automotive Engineering Ltd, kurz JWAE, präpariert wurde. Damals war der GT40 noch in dunklem Blau und Orange gehalten, da dies die Farbgebung der Gulf-Tankstellen gewesen ist. Erst als die Wilshire Oil Company zum Portfolio hinzukam, etablierte sich das attraktive Himmelblau im Gulf Farbkanon. Jedes JWAE-Fahrzeug trug ab April 1967 dieses Livree.

Die neuen Wagen, die unter anderem in Monza an den Start rollten, waren sogenannte „Mirage“. Sie basierten auf einem überarbeiteten GT40 mit geändertem Design. Der Name Mirage rührte dabei aus einem Brainstorming zwischen Wyer und JWAE-Direktor John Horsman. Was zunächst als „Puma“, „Ocelot“ oder „Lynx“ geplant war, wurde „Mirage“. In den Jahren 1968 und 1969 war der Gulf-Farbcode zumeist auf JWAE-Ford-GT40 zu sehen. Die gelegentlichen Starts der Mirage-Prototypen waren jedoch meist weniger erfolgreich.

Fahrer des Kalibers Ickx, Oliver, Rodriguez, Hobbs und Bianchi gewannen ein Rennen ums andere. Im Jahr 1970 kümmerte sich der Rennstall um Porsches eigenes Rennprogramm. In den kommenden zwei Jahren dominierte ein Paar blau/oranger Porsche die Meisterschaft. Und schon ein Jahr später, 1971, stellte Jo Siffert in Spa auf einem 917 eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 162.08 mph ein. Und wenn das Duo Siffert/Bell nicht als erste ins Ziel gekommen wären, hätte man auf den zweiten Wagen mit Rodriguez/Oliver setzen können, der dem führenden Team zumeist im Windschatten folgte.

Wyers zog sich aus dem Tagesgeschäft Ende 1971 zurück. In den Jahren 1972 bis 1975 hatte Horsman den Hut auf und setzte Bell, Hailwood und sogar James Hunt in Prototypen, die von Cosworth-Motoren angetrieben wurden. Doch in der Weltökonomie zeichnete sich die große Rezession ab. Ein letztes Hurra gelang 1975 bei den 24 Stunden von Le Mans: erster Platz und dritter Gesamtrang für den GR8 Cosworth. Ein passendes Ende für einen Rennstall, der zu den bekanntesten und beliebtesten seiner Epoche zählte.

Text: Aus dem Englischen von Mathias Paulokat
Fotos: Rainer W. Schlegelmilch, Classic Driver