Max Girardo ist kein Neuling auf der Monterey Halbinsel. Er hat die „Car Week“ schon über 20 Mal besucht und in seiner Rolle als Auktionator von RM Sotheby’s an Kaliforniens Küste schon hunderte wertvolle Modelle unter den Hammer gebracht.
Der einzige überlebende GT40 Roadster
Doch in diesem Jahr schoss er mit einem erstmals beim Concours d’Elegance von Pebble Beach gezeigten Modell und als Teilnehmer statt Zaungast den Vogel ab. Denn es war nicht irgendein Auto, sondern der Ford GT40 mit Chassisnummer 108. Ein nie bei Rennen eingesetzter Testwagen und vielleicht auch deshalb der einzige heute noch erhaltene Original-Roadster. Zugleich eines der wichtigsten (frühen) Exemplare des späteren Le Mans-Siegers aus dem Hause Ford.
„Ein Auto in Pebble Beach zu zeigen, ist im Vergleich zur Zuschauerrolle ein komplett anderes Erlebnis“, sagt Max Girardo. „Denn dadurch hast Du einen Fokus für die ganze Woche. Es macht auch mehr Spaß, denn man hat etwas, um das man sich kümmern muss. Man ist auch weitaus enger mit dem verbunden, was sonst noch rund um das Event so alles passiert. Und nimmt auch alles bewusster wahr.“
Auch Shelby und Clark fuhren ihn
Die offenen GT40 wurden in erster Linie als Entwicklungsprototypen genutzt und dieses Exemplar, das Girardos gleichnamiger Händlerbetrieb nun anbietet, ist das einzige von sechs Modellen, das noch in seiner originalen Konfiguration existiert. Es fuhr wie gesagt nie ein Rennen, doch Ken Miles absolvierte damit Tests in ganz Amerika, Jim Clark fuhr einige Demonstrationsrunden vor dem Formel 1-Grand Prix in Watkins Glen und Carroll Shelby nahm sogar Henry Ford II bei einem VIP Event als Beifahrer mit. Das war schon etwas Besonderes, denn Henry Ford II fuhr nie in seinen Autos mit, es bedurfte schon der ganzen Überredungskunst Shelbys...
„Jeder stellt sich vor, dass man in Pebble Beach mit einem 40 Millionen-Ferrari oder einem komplett restaurierten Rolls-Royce mit Sonderkarosserie aus den 30er-Jahren aufkreuzen muss“, sagt Girardo. „Doch im Rückblick kann ich sagen, dass das nicht so ist. Denn im Concours geht es vor allem um interessante Autos. Besonders gefiel mir zum Beispiel die ‚Preservation’-Klasse – ein Gentleman zeigte seinen wunderschönen Dino 246 GT und damit ein Auto, das man normalerwiese nicht mit einer Siegestrophäe in Pebble Beach verbinden würde.“
Laut, richtig laut
Nach der Ankunft am Mittwochnachmittag wurde der GT40 erst einmal kurz durchgecheckt und Benzin aufgefüllt. Dann ging es für Girardo am Donnerstag um Sieben in der Früh auf die Tour d’Elegance. Und genau in diesem Moment verliebte er sich noch einmal Hals über Kopf in diesen brutalen anglo-amerikanischen Sportwagen.
„Die Tour war ein einmaliges Erlebnis. Dieser GT40 hat ja kein Dach, also ist es innen nicht allzu heiß. Und er ist wirklich laut und sehr kraftvoll, dabei leicht zu fahren. Ich war absolut begeistert!“
Ein Gefühl wie Weihnachten
Dann das Morgengrauen des Sonntags und die berühmte „Dawn Patrol“ – die große Ankunft der über 200 Teilnehmer am Concours d’Elegance am 18. Fairway von Pebble Beach. „So früh aufzuwachen ist kein Problem, weil man schon so aufgeregt ist. Auf einen Golfplatz zu fahren, ist an sich auch nicht sehr aufregend, aber es ist die Atmosphäre und die Tatsache, dass Du in Deinem eigenen und so viel Lärm machenden Auto fährst, die den Reiz ausmachen.“
Girardos Ford trat in der Nachkriegs-Sportwagenklasse gegen solche Schwergewichte wie den Maserati A6GCS Frua Spyder von Jonathan Feiber und Heather Buhr oder Robert Bishops Ford GT40 MKIIB an. Doch zog er es vor, den GT40 nicht bewerten zu lassen – es war die Teilnahme an sich, die für ihn zählte. „Aus der Perspektive eines Concours geht nichts über Pebble Beach“, fasst Max zusammen. „Und für die Präsentation eines Autos gibt es wiederum nichts Besseres als die Monterey Car Week.“ Wir behalten das im Hinterkopf, Max!
Fotos: Stephan Bauer für Classic Driver © 2018