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Wir feiern automobile Strandkultur bei Poltu Quatu Classic und Fuoriconcorso auf Sardinien

Wir feiern automobile Strandkultur bei Poltu Quatu Classic und Fuoriconcorso auf Sardinien

Seit der Aga Khan in den Sechzigerjahren Porto Cervo gründete, hat sich die Costa Smeralda zu einem Hotspot der internationalen Hautevolée entwickelt. Am letzten Wochenende feierten zwei außergewöhnliche Automobiltreffen den Jet Set-Spirit der berühmtesten Region Sardiniens...

Wie geht noch der alte Instagram Spruch? Italians do it better! Nicht nur gerade beim laufenden europäischen Fußball-Turnier, sondern auch bei der Organisation von stimmungsvollen Beachpartys mit klassischen Autos. Am letzten Wochenende demonstrierten sie bei der  Poltu Quatu Classic und bei Fuoriconcorso on the Beach, dass wir Briten, Deutsche und Schweizer in punkto cooler und lässiger Auto-Events noch einiges lernen können. Durch eine Mischung aus automobiler Strandkultur und einer Dosis italienischer „Sprezzatura“ verwandelte sich die nordöstliche Küste Sardiniens durch dieses Doppel-Events in ein erlesenes Autofest, dass uns für den Rest des Sommers von weißen Stränden, blauen Ozeanwellen und Jollys, Manx, Mokes und Méharis träumen lässt. 

Strandparty bei Fuoriconcorso on the Beach

Wir haben keine Ausgabe von Fuoriconcorso verpasst – vom Comer See bis Mailand, im Piemont oder in Kalifornien – und wollten das definitiv auch nicht bei der jüngsten Ausgabe auf Sardinien. Die von Guglielmo Miani, dem schillernden Mailänder Autosammler und kreativen Kopf hinter dem Modelabel Larusmiani, organisierte Sommerausgabe unseres Lieblings Start-up-Events versprach viel Spaß an den Weltklassestränden und Landstraßen der Costa Smeralda. Erneut wurden die Autos sorgfältig und passend zum Veranstaltungsthema ausgewählt – ohne die Bentley, Ferrari und Porsche aus den Neunzigern und zugunsten bescheidenerer, aber ebenso cooler und zeitgenössischer Typen.

Zum komplett weißen Mini Moke des Patrons gesellte sich ein dunkelgrüner Moke mit weißem Interieur und grünen Kedern, der selbst den ausgefallensten Aston Martin aus den 90er-Jahren blass hätte erscheinen lassen. Der hellgrüne Citroën Méhari erinnerte uns noch einmal daran, dass wir definitiv die Zeit verpasst hatten, in der die so beliebten französischen Wüstenschiffe noch für einen Apfel und Ei zu haben waren. Ein Auto, das man noch immer günstig „schießen“ kann, doch vielleicht schon bald nach dem so gehypten Fiat Panda das nächste „big thing“ werden könnte, ist der Lada Niva 4x4. Beim Anblick der Silhouette eines in der Macchia der Costa Smeralda geparkten blassgrünen Exemplars kam uns der Gedanke, dass der Russe mit seinen simplen Linien und dem nutzfahrzeugähnlichen Gesamtpaket eine günstige Alternative zum Land Rover Defender werden könnte. Wir wissen schon, was wir im nächsten Sommer fahren werden!

Auch wenn Fuoriconcorso on the Beach kein Concours war, so gab es dennoch Raum für etwas Wettbewerb: Nach einer Schlacht mit Wasserpistolen am Strand als Warm-up, nahmen die Teilnehmer mit ihren Mokes und Méharis einen Go-Kart-Kurs in Beschlag, um sich bei einer Wasserschlacht in voller Fahrt abzukühlen.

Poltu Quatu Classic als perfekter Endorphin-Spender

Wenn der Anblick eines originalen Fiat 500 zu einem Endorphin-Stoß im Gehirn führt, dann dürfte eine Herde Fiat Jollys mit Korbsesseln und Baldachin-Dach die Klasse A-Droge abgeben. Strandautos oder „spiaggine“, wie sie in Italien heißen, gehören zum vielleicht größten automobilen Freudespender aller Zeiten. Nicht zuletzt geschätzt von Fiat-Patron Gianni Agnelli. Normalerweise sieht man die schnuckeligen Autos selten, doch scheinen sie bei der Poltu Quatu regelrecht ausgebrütet zu werden. Gezeichnet wurden sie von illustren Karosseriebauern vom Kaliber Ghia oder Michelotti. Für die Schönen und Reichen der 50er- und 60er-Jahre bei deren Erkundung der Ufer des Mittelmeers. Heute ist es einfach zu erkennen, warum die charmanten Wägelchen damals so betörten. Sie waren klein genug, um sie auf das Achterdeck einer Yacht stellen zu können, und die nur 12 PS der Motoren wurden unwichtig, wenn man das breite Lachen der Insassen und der Passanten sah.

Das Grand Hotel Poltu Quatu an der glitzernden Küste Sardiniens war die Location für den vielleicht hochkarätigsten Concours d’Elegance des Jahres, der Poltu Quatu Classic. Erneut holten die Organisatoren unter Führung des italienischen Autosammlers Simone Bertolero einige der ikonischsten und obskursten Strandautos an die Costa Smeralda. Das Aufgebot der „Sex on the Beach“ Klasse umfasste offene Coachbuilt Fiats der 60er- und 70er-Jahre mit vielversprechenden Namen wie Ischia und Spiaggina, während unser unstillbarer Hunger nach Spezialanfertigungen des Fiat Panda mit zwei bemerkenswerten Autos gestillt wurde – einem türkisfarbigen 1991er Panda Destriero mit Design von Stola und ein Panda Mondiali, der aus Anlass der Fußball-WM 1990 in Italien in limitierter Serie gebaut wurde. Viele der Strandautos waren vom amerikanischen Sammler Stuart Parr nach Sardinien verfrachtet worden. Sein aufsehenerregendster Strandkreuzer war sicherlich der großformatige Fiat Ducato „West Coast” von 1986 nach einem Entwurf von Introzzi.

Dennoch mögen manche ein doch etwas höheres Leistungsgewicht bevorzugen. Wie zum Beispiel aufgeboten vom mit Porsche-Power angetriebenen Meyers Manx. Eingehüllt in eine Stars-and-Stripes-Lackierung, die gut und gerne von einem der Stuntmobile des legendären Evil Knievel hätte stammen können, nahm der Manx aus Salzburg am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, die Best in Class-Trophäe in Empfang. 

Daneben feierte Fabrizio Giugiaro mit der nach Sardinien gebrachten Studie BMW NAZCA M12 seine 30-jährige Designerkarriere. Noch beeindruckender als das zeitlose Design dieses V12-Keils der frühen 1990er war die Tatsache, dass der Sohn des großen Giorgetto den Prototyp nicht nur über die gewundenen Landstraßen der Insel scheuchte, sondern auf der Start-/Landebahn des Vena Fiorita Flughafens sogar noch ein paar Donuts aufführte!

Doch bei der Poltu Quatu Classic gab es nicht nur Brot und Spiele. Am Samstagabend defilierten die Fahrers zu einer finalen Parade an den Juroren vorbei (darunter Classic Driver CEO J. Philip Rathgen). Und kurz nach Mitternacht verkündeten sie dann auch die Gewinner: Das Lancia Aurelia B24 Cabriolet von 1958 gewann die „Dolce Vita”-Klasse und an Duccio Lopresto ging die Trophäe der „Una Questione di Stile“- Klasse für sein Lancia Astura Cabriolet von 1934. Der „Best of Show”-Pokal ging verdientermaßen an den atemberaubenden Fiat 1100 Sport MM Baujahr 1948 – ein Rennwagen, so schlicht, puristisch und doch so elegant, dass selbst die ausgefallensten modernen Supersportwagen dagegen abfielen.

Im Rückblick auf dieses spaßgeladene Wochenende sind wir überzeugt, dass Poltu Quatu Classic und Fuoriconcorso on the Beach ein neuer Fixtermin für die europäische und globale Sammlerszene abgeben werden. Und ganz ehrlich: Gäbe es eine bessere Entschuldigung dafür, ein Wochenende an der Costa Smeralda zu verbringen? Wir wüssten keine bessere.

Text: Jan Baedeker / Mikey Snelgar

Fotos: Andrea Luzardi / Piotr Degler