Zum ersten Mal sah Andy Bell dort Vorkriegs-Rennwagen in fulminanter Aktion. Und das Fieber packte ihn. Wenig später nur suchte Morntane Engineering, ein Londoner Unternehmen von Derek Edwards und Judy Hogg, bei welchem auch Pink Floyd Mitglied Nick Mason engagiert war, ein paar helfende Hände. Bell bewarb sich und erhielt den Job. Er fackelte nicht lange und packte kräftig an. Bald schon übernahm er das Ruder der Firma. Später erwarb er gar das Unternehmen. Und benannte es im Jahr 1992 um: in „Ecurie Bertelli“.
Der angehende Psychologe hatte seine eigentliche Neigung entdeckt und zur Profession entwickelt. Ecurie Bertelli gilt mittlerweile weltweit als der ausgewiesene Spezialist, wenn es um historische Aston Martin der Vorkriegsepoche geht. Entsprechend sieht es in den Werkstätten des Unternehmens aus: Hier wird die professionalisierte Passion mehr als deutlich.
Ironischerweise besuchte just an dem Tag, als Bell seinen Abschluss in Wales in Empfang nahm, ein gewisser Augustus Cesare „Bert“ Bertelli das Unternehmen Morntane Engineering. Jener Bertelli, der in den 1930er Jahren die Marke Aston Martin maßgeblich nach vorne gebracht hatte. Und vermutlich jeder, der auch nur einen von circa 450 Vorkriegs-Aston besitzt, wird schon mit dem Unternehmen in Olney, Buckinghamshire, zu tun gehabt haben. Und sei es auch nur am Telefon, um ein originales oder nachgefertigtes Teil für den lieb gewonnenen Vintage-Aston zu ordern.
Das Unternehmen fertigt beispielsweise ganze Motoren für jegliche Art von Vorkriegs-Fahrzeugen. Es ist vollkommen unabhängig von sämtlichen Lieferanten, besitzt selbst alle möglichen Formen, Lehren und Zeichnungen, um die eigenen Regale mit den raren Ersatzteilen zu befüllen. Alle Motoren werden nach klassischem Muster, aber mit festeren Werkstoffen und Stählen gefertigt. Bell erklärt, dass er mit suboptimalen Lösungen nicht leben kann. Für seine Kunden strebe er nach dem Besten und wahrscheinlich rührt genau daher der Ruf der Ecurie. „Vorkriegs-Astons sind ehrliche Autos, gut konstruiert und sie haben eine atemberaubende Form“, ergänzt Bell. „Sie sind ideal für den historischen Motorsport geeignet. Direkt, zuverlässig und berechenbar.“
Alleine der Wert des Lagers der Ecurie ist vermutlich kolossal. Die großzügige Lagerhaltung in Buckinghampshire bedeutet aber auch, dass praktisch jede Arbeit unmittelbar aufgenommen werden kann und Reparaturen keine lange Wartezeit im Vorlauf benötigen. Wer allerdings eine Vollrestauration wünscht, muss dafür mittlerweile zwei Jahre Zeit einkalkulieren. Denn das Unternehmen ist ausgelastet, sei es nun im Service-Bereich, bei Restaurationen oder bei der Rennvorbereitung einzelner Fahrzeuge. Schließlich wissen Kenner nur zu gut, dass ältere Astons hervorragende Starter bei der Mille Miglia, Le Mans Classic und unzähligen anderen europäischen Renn- und Rallye-Events sind.
Die Werte der Fahrzeuge sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen – insbesondere bei denen, die für die Teilnahme an der Mille Miglia berechtigt sind. Dennoch ist das Preisniveau vergleichsweise moderat, wenn man die Fahrzeuge in Relation zu den anderen großen Markenvertretern dieser Epoche setzt. Käufer können sich sicher sein, dass ihre Schätze bei Andy Bell und der Ecurie Bertelli in besten Händen sind – und genau darauf kommt es bei der Sorge um historische Unikate an. Denn ohne eine absolut verlässliche Werkstatt geht es bei diesen Pretiosen nicht.
Während viele die Firmennamen Ecurie Bertelli und Morntane Engineering noch ausschließlich mit heißem Renngeschehen assoziieren und als verlässlichen AMOC-Partner bei der St. John Horsfall Trophy erlebt haben, stellt Bell fest, dass das Unternehmen zwischenzeitlich gewachsen ist. Der Service- und Restaurationszweig gewinnt zunehmend an Bedeutung.
In dem wunderbaren Archiv der Ecurie findet sich auch ein Skizzenbuch von Ted Inman Hunter, einem außerordentlichen Aston-Martin-Liebhaber. Mit Presseartikeln, Fotografien und handgeschriebenen Notizen stellt die „Inman Hunter Collection“ einen besonderen Schatz dar, welche die Geschichte des Unternehmens von seiner Entstehung bis in die Mitte der 1980er Jahre dokumentiert. Bell ist auch damit in der Lage, die Geschichte nahe aller wirklich historischen Aston-Martin-Sportwagen nachzuvollziehen. Er braucht dafür nur eine der Schubladen seines Felthams-Archivs zu öffnen. Wer sich also mit dem Gedanken trägt, einen Aston Martin der Vorkriegs-Ära anzuschaffen, der sollte zuvor Ecurie Bertelli konsultieren. Denn danach macht derjenige es vermutlich ohnehin.
Fotos: Simon Clay