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Jede Schramme erzählt eine Geschichte hinter diesem perfekt patinierten AC Ace Bristol

Jede Schramme erzählt eine Geschichte hinter diesem perfekt patinierten AC Ace Bristol

Wie die Kampfspuren auf dem Schild eines Ritters zeugen auch die Kratzer und Schrammen auf der Karosserie dieses AC Ace Bristol von heroischen Schlachten und Siegen. Nun kommt diese wunderbar konservierte Zeitmaschine aus den Fünfzigerjahren bei Aguttes unter den Hammer…

Während es manche Sammler ausschließlich auf nach Concours-Maßstäben restaurierte Modelle absehen, verlieben sich andere in Fahrzeuge mit Patina, samt all ihrer Schrammen und Kratzer. Letztere werden sich garantiert auch in BEX 481 verlieben, einen AC Ace mit Bristol Motor und großer Rennsportgeschichte. 

Der AC lässt sich mit Fug und Recht als Zeitkapsel-Auto beschreiben.  „Es handelt sich definitiv um einen der wichtigsten AC aller Zeiten. Nach seiner reichen amerikanischen Geschichte kam er zurück nach England, wo er in der Halle des RAC in Londons Pall Mall ausgestellt wurde“, sagt Gautier Rossignol, Leiter von Aguttes On Wheels, jenem Auktionshaus, bei dem das Auto am 20. Juni zum Verkauf steht. „Von dort fand der AC den Weg in die Sammlung von Hervé Charbonneaux, dem französischen Autosammler, Experten, Buchautoren und Mann hinter der historischen Rallye Coupe des Alpes. Dieser unrestaurierte Wagen ist spektakulär, er hat eine Seele, ein wirklich magisches Fahrzeug!”, so Rossignol weiter. 

Die Geschichte von Chassis BEX 481 wird jenen vertraut vorkommen, die sich in der US-Rennsportszene der Fünfzigerjahre auskennen. In der AC Bristol bis in die frühen Sechzigerjahren die Meisterschaft des SCCA (Sports Car Club of America) dominierten, speziell die Klasse unter zwei Liter Hubraum.

Wie viele andere europäische Sportwagen vom Kaliber Jaguar XK120, Mercedes 300 SL oder Porsche 356 Speedster wurden mehr als die Hälfte der von einem Bristol-Motor angetriebenen AC Ace in die USA exportiert – 241 von 465, um ganz exakt zu sein. Und obwohl von AC nicht als Renn-, sondern als sportlicher Straßenwagen deklariert, ging ein nicht kleiner Teil dieser Autos an amerikanische Privatfahrer, die erpicht darauf waren, es in der SCCA-Meisterschaft einzusetzen.  

Allein in der Saison 1957, ein Jahr vor Fertigstellung von BEX 481, waren nicht weniger als 27 der besten 35 Fahrzeuge der Meisterschaft AC Ace Bristol. Diese Überlegenheit führte zu Protesten von Konkurrenten, die zum Thema machten, dass AC nicht die für die Zulassung zu den SCCA-Rennen erforderlichen 500 Fahrzeuge gebaut habe. Vergeblich forderten sie, das Auto in einer anderen Klasse gegen PS-stärkere Modelle von Ferrari und Porsche antreten zu lassen. Im folgenden Jahr rangierten immerhin noch 23 AC Ace in der Spitzengruppe, ein eindrucksvolles Ergebnis, das sich 1959 und trotz Einstufung in eine andere Kategorie auch noch in den frühen 60er-Jahren fortsetzte. Diese Erfolgswelle sollte später ein weiteres großes Kapitel in der amerikanischen Motorsport-Geschichte aufschlagen – jenes  der Shelby Cobra. 

Chassis BEX 481 ist ein unverrückbarer Teil dieser US-Renntradition.  Im Juli 1958 verließ das Modell das AC-Werk in Thames Ditton, um vom Londoner Hafen aus nach Detroit zur dortigen Foreign Cars Associates verschifft zu werden. Bestellt worden war es in Oxford Blau mit ebenfalls blauen Ledersitzen, Scheibenbremsen und – überraschend – einem in Europa unbekannten, aber in Amerika für Rennen vorgeschriebenen Überrollbügel. Letzterer sollte sich als sehr nützlich erweisen, blieb der AC doch 13 Jahre lang infolge in den USA aktiv. 

Sein erster Besitzer, Bob Gubbins, war Privatfahrer und Gründungsmitglied der Rennstrecke Waterford Hills in Michigan. Er ließ den Wagen im Januar 1959 zu und ihn sofort neu in „Dunstan Blue Cadillac” lackieren, ergänzt um zwei von der Haube bis zum Kofferraumdeckel durchgezogene weiße Streifen. In den nächsten vier Jahren setzte Gubbins den AC zumeist in Michigan und auf Strecken wie Mosport und Green Acres im nahen Ontario (Kanada) ein, immer auf Strecken, die weniger als drei Stunden von seinem Heimatort entfernt waren. Gautier Rossignol betont: „Diese Periode ist sehr gut dokumentiert und wir haben eine eindrucksvolle Sammlung zeitgenössischer Bilder, Presseartikel, Nennungslisten etc., die alle zusammen mit dem Auto verkauft werden.“ 

Im Februar 1963 bestellte Gubbins einen zweiten AC Bristol (BEX 1212) und entschloss sich 1964 zum Verkauf des BEX 481 an seinen guten Freund Edwin W. Fischer. Der setzte den britischen Roadster fast täglich auf der Straße ein und nahm daneben fast neun Jahre lang, zumeist in Michigan und Mid-Ohio, an Rennen teil, mit guten Ergebnissen in der Zweiliter-Klasse. Danach ging der Wagen an seinen dritten Besitzer, Paul Nawrocki, einem jungen und vorzeitig aus dem US Marine Corps ausgeschiedenen Soldaten, der sich als Kollege von Fischer entpuppte und ein „Liebe auf den ersten Blick“-Erlebnis mit BEX481 hatte.

Auf Nawrocki, der als Folge des Einsatzes in Vietnam an einem posttraumatischen Stresssyndrom litt, wirkte das Auto wie eine Therapie. Das Arbeiten am und das Fahren mit dem AC half ihm beim Überwinden seines Traumas. Er behielt ihn dann 42 lange Jahre. In dieser Zeit wurde das Auto kein einziges Mal restauriert, behielt seine Original-Karosserie und das Interieur und legte sich mit den Jahren eine herrliche Patina an. 

Nachdem ihn der britische AC Bristol-Liebhaber Piers Loxton Edwards in einer Anzeige im Newsletter des AC Owners' Club entdeckt hatte, fand BEX 481 57 Jahre nach seinem Abschied von der Insel Anfang 2016 den Weg zurück ins Vereinigte Königreich. In London wurde das Auto im großen Hof des königlichen Automobil-Clubs RAC ausgestellt. Noch immer in der von Bob Gubbins aufgetragenen Farbe Dunstan Blue Cadillac und all den Kampfspuren, die seine darunter liegende Aluminium-Haut zum Vorschein brachten. Edwards schaffte es auch, Gubbins Tochter zu kontaktieren, die mit Hilfe zusätzlicher Fotos und der ein oder anderen Anekdote bei der Rekonstruktion der Fahrzeug-Historie half.

Seitdem wurde das Auto 2019 beim Chantilly Arts & Elegance Richard Mille Concours gezeigt, wo er den Spezialpreis FFVE für besonders originalgetreue Nachkriegsfahrzeuge erhielt. Kurz darauf bereicherte er dann schon die Sport- und Rennwagenkollektion von Hervé Charbonneaux.  

Weil er schlicht nicht genug Zeit hat, seine Rennwagen ausreichend zu bewegen, entschloss sich Charbonneaux, seinen geliebten AC am 20. Juni zum Verkauf anzubieten. „Es ist uns eine große Ehre, im Namen von Hervé Charbonneaux einige unfassbar wertvolle Autos zur Auktion zu bringen, darunter diesen nicht restaurierten und extrem originalgetreuen  AC Ace Bristol mit Matching Numbers und einer Laufleistung von 27.899 Meilen (44.889 Kilometern). Nur einige wenige moderne Modifikationen wurden vorgenommen, um den Wagen sowohl auf Track Days wie Rallyes angenehmer bewegen zu können. Wie vier Koni-Stoßdämpfer, neue Benzinleitungen und ein neues Auspuffsystem. Und um auf der mechanischen Seite absolute Zuverlässigkeit zu garantieren, wurde gerade erst eine Komplett-Inspektion und ein Laboranalyse des Motoröls vorgenommen“, sagt Aguttes-Mann Rossignol. Müßig zu betonen, dass es eine wahre Wonne ist, den Wagen zu bewegen. Wie gezeigt bei der samstäglichen Ausfahrt in die französische Landschaft beim Chantilly Concours oder auf der kurvigen Piste von Les Ecuyers, wo  Charbonneaux die Fahrten mit dem BEX 481 besonders gern auskostete.  

Wichtig zu wissen: Mit dem AC zum Verkauf kommen seine originale, demontierbare Windschutzscheibe, das Soft-Top, die Stoßstangen, die Seitenfenster, das originale Tonneau Cover und diverse Kleinteile.  

Es ist heutzutage nahezu unmöglich, ein 63 Jahre altes Auto mit dieser durchgehend dokumentieren und langjährigen Rennsporthistorie zu finden. Das seit 1959 nie mehr neu lackiert wurde, immer noch matching numbers besitzt und mit seinen originalen Ledersitzen und Zubehörteilen bestückt ist.

Hoffen wir, dass der aktuell in Belgien zugelassene Wagen mit seit der Erstzulassung fünf Besitzern seine einzigartige Optik und Patina beibehalten wird. Er verdient es, von seinem neuen Betreuer mit großer Freude ausgeführt zu werden. Mit dem grollenden Raspeln des Sechszylinder-Bristol-Motors in den Ohren!

Fotos: Mathieu Bonnevie © 2021

Dieser gesponserte Beitrag wurde produziert und veröffentlicht als Teil einer bezahlten Partnerschaft mit Aguttes. Classic Driver ist nicht für Inhalt und Information des Beitrags verantwortlich.