Sogar die Bezeichnung „Car Week“ ist im Grunde schon nicht mehr passend, stieg doch schon am letzten Wochenende in Laguna Seca die erste Vorveranstaltung der Rolex Motorsports Reunion. Doch war das nur der Auftakt zu einer Fülle weiterer Events, die neben Autos im Fall des McCall Motorworks Revival auch historische Flugzeuge zum Thema haben. Elegant geht es Donnerstag zu, wenn die Zuschauer einen ersten Blick auf die Teilnehmer werfen können, die am Sonntag die manikürten Rasenflächen beim Concours d’Elegance von Pebble Beach mit ihren Reifen beehren werden. Traditionell erhalten Teilnehmer an der an diesem Tag startenden Tour d’Elegance einen Bonus, falls sie am Sonntag punktgleich mit einem anderen Konkurrenten sein sollten. Doch wurde dieser Vorteil für dieses Jahr aufgehoben, nachdem ein drei Wochen langer Waldbrand in der südöstlich gelegenen Ventena Wilderness eine Verkürzung der Route um die Hälfte erzwang. Wo immer möglich, wird nun auf Nebenstraßen gefahren, mit niedriger Geschwindigkeit und in einem von der Polizei eskortierten Konvoi. Quittiert ein hochgezüchteter Motor als Folge des Schneckentempos seinen Dienst, wird der Teilnehmer nicht mit einem Handikap für den Sonntag belegt. Trotzdem versprechen die Organisatoren noch eine landschaftlich reizvolle Rumpfroute entlang des 17-Mile-Drives und einen Mittagsstopp auf der Ocean Avenue von Carmel. Auch der ein Anlaufpunkt für Fans, die „Autos gucken“ wollen.
Von der Küstenstraße in den Auktionssaal
Mecum und Russo & Steele starten ebenfalls am Donnerstag den Reigen der Auktionen; gefolgt im weiteren Verlauf des Wochenendes von den „Großen Drei“ des Gewerbes. Sammler von Blue-Chip-Modellen haben heuer wohl mehr denn je die Qual der Wahl. RM Sotheby’s trumpft mit dem Jaguar D-type Le Mans-Sieger von 1956 und dem Alfa Romeo 8C Lungo Spyder auf; Gooding hält mit gleich zwei Competizione-Varianten des Ferrari California Spider und 250 GT SWB dagegen. Bleibt abzuwarten, ob sich angesichts des aktuell sehr schwankenden Marktklimas genügend willige Käufer auf diesem extrem hohen Niveau einfinden werden.
In seinem nun bereits 14. Jahr bleibt „The Quail“ die automobile Gartenparty, die jeder besuchen will. Nur leider ist der Zutritt nur einer ausgewählten Gästeschar vorbehalten. Glückliche Teilnehmer – und wir meinen das wörtlich, da die Tickets verlost werden – erhalten Zugang zu rund 200 seltenen Automobilen und Motorrädern. Zu den diesjährigen Themengruppen zählt neben einer Laguna Seca Raceway Restrospektive eine Klasse für „Rivalries of the Ages“. Daneben sehen wir vor unseren eigenen Augen schon ein weiteres Duell heraufziehen – zwischen der flachgeklopften Lancia Aurelia B20 „Fuorilegge“ (Italienisch für „Geächteter“) und etablierten Resto-Mods von Singer, Emory oder Eagle.
An anderer Stelle geben sich die „Best of Show“- Sieger der sechs wichtigsten Concours des Jahres 2015 – The Quail, Amelia Island, Pebble Beach, Goodwood Cartier Style et Luxe, Royal Concours of Elegance und Cavallino Classic – zum erstmals ausgeschriebenen „Peninsula Classics Best of the Best Award“ ein Stelldichein. Käme noch der Sieger der Villa d’Este hinzu, könnte man sogar einen Concours-Weltmeister 2015 küren.
Konkurrenz-Kampf im Korkenzieher
Ein weiterer Meilenstein der Motorsport-Geschichte – 50 Jahre CANAM – ist ebenfalls Gegenstand einer Sonderschau. Ein Feld aus Lolas, Shadows, McLarens und Porsches – aufgeteilt in zwei Starterfelder für Autos vor und nach 1968 – wird von Donnerstag bis Samstag unter anderem in der berühmten Korkenzieherkurve von Laguna Seca in Aktion zu sehen sein. Ehe sich dann einige von ihnen am Sonntag zum 18. Fairway begeben, um beim Concours d’Elegance in ihrer eigenen Klasse den Besten zu ermitteln.
Stellen Sie nur sicher, nicht bis tief in die Samstagnacht durchzumachen – lohnt es sich doch, lange vor Sonnenaufgang am Sonntag wieder auf den Beinen zu sein. Denn die schon um sechs Uhr am Morgen startende „Dawn Patrol“ gilt unter Stammgästen als das „Must-attend“ des gesamten langen Wochenendes. Es gibt sogar schon eigene „Dawn Patrol“-Kappen! Jedenfalls werden Frühaufsteher mit dem Anblick aller Concours-Autos belohnt, die von ihren Besitzern behutsam in ihre reservierten Positionen bugsiert werden. Hat man Glück, erwärmt ein Sonnenaufgang über dem Meer die meist noch kühle und feuchte Morgentau-Atmosphäre.
Highlights des diesjährigen Schönheitswettbewerbs ranken sich um zwei- und vierrädrige Preziosen des Jubilars BMW – darunter der restaurierte Ex-Elvis 507, den wir vor kurzem ausführlich vorgestellt haben – sowie die Themen „50 Jahre Lamborghini Miura“ und „50 Jahre Ford GT40 Sieg in Le Mans“. Zu Ehren von Giotto Bizzarini wird eine Kollektion seiner besten Sportwagen gezeigt. Darunter neben einem 1900 GT Europa seltene offene Modelle wie 538 Barchetta oder 5300 Spyder sowie Bizzarinis erstes Auto überhaupt, die „Machinetta“. Mit diesem im Rahmen seines Studiums an der Universität Pisa aufgebauten Coupé auf Basis Fiat 500 Topolino gondelte der Maschinenbaustudent Bizzarini 1957 zu einem Bewerbungsgespräch nach Maranello. Wo Enzo Ferrari, so die Legende, so beeindruckt von dem Auto – oder vom Mut Bizzarinis, mit diesem winzigen Wagen die Fahrt gewagt zu haben – war, dass er ihm auf der Stelle den ausgeschriebenen Job vermachte.
Idyllischer Hintergrund
Bei den Konzeptstudien wird BMW sich noch einmal selbst in Form eines nostalgisch lackierten 2002 Turbo Hommage gratulieren. Daimler hat mit Teaserbildern schon neugierig auf eine mindestens sechs Meter lange Studie eines „Maybach Coupés“ gemacht. Die bisher bekannten Bilder lassen eher Anleihen an Vorkriegs-Modelle oder die Studie Exelero denn an den längst wieder eingestellten Limousinen 57 und 62 vermuten. So oder so wird das Auto ein starkes Designstatement setzen. Gerüchtehalber erwartet wird zudem der Bugatti Vision Gran Turismo, vor kurzem auf ebenso spektakuläre Weise von einem saudischen Prinzen erworben wie das Chiron-Showcar vom Genfer Salon! Auch Lamborghini will noch einen Partyknüller aus dem Hut zaubern – vielleicht einen Huracan Superleggera, oder ein anderer egoistischer Exote für die Elite?
Vollgepackte Halbinsel
Last but not least wird auch McLaren neben einer größeren Zahl an historischen und aktuellen Modellen mit dem jüngsten Modell seiner Special Operations-Abteilung aufwarten. Insgesamt scheinen die Hersteller nach Alternativen zum traditionellen Ausstellungsformat zu suchen – wie 2016 schon das Goodwood Festival of Speed und der Concours an der Villa d’Este gezeigt haben. Die Frage bleibt, ob am Ende noch genügend Platz für alle und alles auf der Halbinsel sein wird? Oder ob man in den kommenden Jahren das Ganze statt „Monterey Week“ als „Monterey Fortnight“ laufen lassen muss.
Fotos: Rolex