Wieder in Le Mans zu sein, sei es für die 24 Stunden oder die Classic, ist immer die schiere Freude. Hier kann man den Atem der Geschichte auf eine Art spüren, wie kaum auf anderen Rennstrecken. Heute Morgen sind wir besonders früh aufgestanden, um über die diversen Paddocks zu schlendern, die übrigens etwas verwirrend über mehrere Ebenen und Bereiche verteilt sind und wollten die Hunderte von Teilnehmern in aller Ruhe und - noch - Stille kennenzulernen. Während die Mechaniker die Rennwagen sanft und vorsichtig aus dem Schlaf zum Leben erweckten, machten wir uns mit einer Dosis Espresso munter.
Allein die schiere Vielfalt der Rennwagen bei der Le Mans Classic ist an sich schon überwältigend - es gibt sechs Wettkampf-„Plateaux” mit über 500 Fahrzeugen aus den fast sechs Jahrzehnten zwischen der Premiere 1921 und 1981. Dann gibt es noch ein spezielles Starterfeld mit „Ground-Effect”-Gruppe C-Rennwagen und einer neuen Hochgeschwindigkeitsvorführung von modernen Langstreckenwagen bis zum Baujahr 2014. And dann gibt es noch eine Veranstaltung bei der man Vorkriegs-Bugattis, Jaguar D-Types, Porsche 935 und Ferrari 250 GT „SWB”s sowie LMP1-Dieselprototypen erleben kann - alles an einem Tag.
Schon die Eröffnung der Le Mans Classic hat eine Benchmark für das Wochenende gesetzt: Über 70 Fahrzeuge aus der neu geschaffenen Global Endurance Legends-Serie schnupperten als erste an diesem Morgen die Luft an diesem legendären Kurs. Aus der starken Starterliste kann man herauslesen, dass es ein wachsendes Interesse an diesen modernen GTs und Prototypen gibt. Nach einer quälend langsamen Runde hinter dem Safety Car wurde die Meute endlich losgelassen und bescherte ein unglaubliches Spektakel.
Ein leuchtend gelber Ferrari 333SP schoss wie ein Windhund auf und davon, dicht gefolgt von Emmanuel Collard am Steuer desselben Toyota GT-One mit dem er hier schon 1999 am Start war. Ein Saleen wie Donnerhall und mehrere Vipers legten sich mit aufheulenden Ferrari 550 GTIs und einem McLaren F1 GTR an. Spezielle und historisch sehr wichtige Prototypen wie der Bentley Speed 8, der Audi R8 und der Peugeot 908 HDI wirkten heute immer noch so aberwitzig schnell, wie sie damals tatsächlich waren. Aber als unser persönlicher Liebling muss der Panoz Esperante GTR-1 gelten. Der Rennwagen konnte in den neunziger Jahren nicht wirklich überzeugen, aber dafür erzeugt er einen grandiosen Lärm.
Die glorreichen Tage des Gruppe C-Motorsports erwachten wieder zum Leben, als ein Starterfeld mit über 40 dieser Keile in ihren legendären Stattfarben die Strecke eroberten. Das Qualifying am Freitag im schwindenden Licht der Abenddämmerung war unvergesslich - wir wanderten zu den berühmten Dunlop-Kurven, um ihre berühmten „Ground-Effect”-Flächen für mehr Abtrieb in Aktion zu erleben. Allein die Geschwindigkeit, mit denen sie Richtungswechsel und den Slalom der Scheitelpunkte hochpräzise vornahmen, war atemberaubend.
Jaguarrennwagen in den Farben von Silk Cut erinnerten an die glanzvolle Epoche der britischen Marke an der Sarthe in den achtziger Jahren. Sie dürften auch die englischen Zuschauer, die am Samstagabend mit ihren Gedanken beim WM-Spiel Schweden - England waren, abgelenkt haben. Es waren aber ein paar Peugeot 908, die beide hier 1993 ihren Auftritt hatten, die sich besonders in unsere Erinnerung gebrannt haben. Ihre V10-Saugmotoren kreischten wie Formel 1-Rennwagen derselben Ära und das Trommelfeuer bei jedem Gangwechsel bohrte sich ins Trommelfell.
Allerdings muss man festhalten, dass die Organisation oder vielmehr ihre Abwesenheit, sehr frustrierend sein kann. Sich zwischen den vielen Paddocks zu bewegen ist schon eine Leistung für sich, denn auch andere scheinen nicht zu wissen, wo sie hinwollen, Schilder sind keine zu entdecken oder rätselhaft, und Ordner und Gendarmen waren entweder lässig oder wütend. Und dann kann es auch noch passieren, dass ein millionenschwerer Rennwagen wie aus dem Nichts hinter einem auftaucht und an den Fersen knabbert - ein ausgesprochen verblüffendes Erlebnis!
Porsche braucht nun wirklich keine Ausrede, um sich mit einer Geburtstagsparty zu feiern. Und wenn man weiß, wie eng die Marke mit Le Mans verbunden ist, dann konnte es nur einen Ort geben, an dem man das 70. Jubiläum im gebührenden Stil würdigen konnte. 70 klassische Porsches - von 2-Liter-911 bis 904, 906 und 908 - lieferten sich am Samstagmorgen ein Rennen, das die Atmosphäre von Le Mans mit dem brutalen Gebrüll luftgekühlter Motoren aufheizte.
Obwohl die Vorkriegs- und frühen Nachkriegs-Grids sehr unterhaltsam sind, spielt sich das ganze sinnliche, ohrenbetäubende Fest der Le Mans Classic bei den späteren Klassen ab. Es war manchmal mühsam außerhalb des klimatisierten Kokons im Media-Centers dem Renngeschehen folgen zu können. Aber wir hatten den Eindruck, dass der Wettkampf gegenüber anderen Veranstaltungen wie beispielsweise in Goodwood eher zweitrangig war.
Alle Teilnehmer, seien es die Gentlemen Drivers auf der Suche nach dem ultimativen Kick oder ehemalige Rennfahrer, genossen förmlich die Chance, auf diesem historischen Kurs zu fahren. Dass sich 10 einstige Le Mans-Sieger, darunter Romain Dumas, Henri Pescarolo und Jochen Mass, hier ins Cockpit setzen, belegt die ungebrochene Anziehungskraft von Le Mans.
Der Zeitplan für die Rennen am Samstag war so angelegt, dass die schnelleren Fahrzeuge ihre Auftritte zur „blauen Stunde” und bis tief in die Schwärze der Nacht hatten. Als wir uns zur Nachtschicht von Le Mans Richtung Arnage-Kurve aufmachten, gelang uns das Kunststück, uns irgendwie auf einen Campingplatz unmittelbar bei den Porsche-Kurven zu bluffen. Dieser Streckenabschnitt ist der ultimative Test für Mensch und Maschine, denn die Porsche-Kurven bestehen aus einem fließend-kurvigen Band, dessen Scheitelpunkte sich durch diesen Slalom kontinuierlich enger und enger ziehen. Wenn man einmal selbst miterleben will, wozu ein Rennwagen fähig ist, dann gibt es keinen idealeren Ort.
Der verschworene Haufen aus GT40, der Plateau 4 anführte, ließ die verfolgenden Cobras aussehen, als würden sie sich nicht von der Stelle rühren. Die aerodynamisch avancierten Prototypen in Plateau 5, darunter einige Porsche 917, zwei Ferrari 512, ein pfeifender, turbinenangetriebener Howmett und ein Matra MS670, dessen herzerweichendes Jaulen unvergesslich sein wird, boten einen Schmaus für Augen und Ohren - zumal ihre Fahrer Runde um Runde näher ans Limit preschten.
Für einen Rennfahrer kann es doch keinen größeren Nervenkitzel geben, als bei Nacht am Steuer Le Mans zu erleben. Dasselbe gilt auch für die Zuschauer. Man steht auf einer leicht vibrierenden Böschung tief im Wald von Arnage oder an der berüchtigten Mulsanne-Kurve oder den Porsche-Kurven und man hört die donnernde, heulende Meute von Weitem ehe man sie überhaupt zu Gesicht bekommt. Das immer lauter werdende Grollen überrennt den Wald und dringt vom Boden durch den Körper und tief in die Seele- und sofort wird jede Faser, jeder Teil des Bewusstseins von dieser Reizüberflutung wunderbar erschüttert. Was ist es nur an grellem Scheinwerferlicht, rotglühenden Bremsscheiben und Stichflammen aus den Endrohren, dass ein Nachtrennen einfach so hypnotisierend ist?
Und darum geht es wirklich: Die Le Mans Classic ist vermutlich die einzige Veranstaltung dieser Art auf der Welt, wo die Automobile - egal wie sensationell sie sein mögen - nur die zweite Geige spielen. Es ist dieser Rennkurs selbst, dem die große Bühne bereitet wird. Es ist ein wahrhaft magischer Ort, dessen Aura aus Tradition und Erbe sich selbst in den umgebenden verschlafenen Städtchen und Dörfern erspüren lässt. Dieses Virus des historischen Motorsports hat vielleicht auch für den Rekord von 135.000 begeisterten Zuschauern gesorgt.
It was hard not to feel a tinge of sadness as we packed up the car and headed back to Blighty, particularly with the achingly long two-year wait until the next event. That said, the countless memorable moments and their accompanying sounds and smells will remain with us for a very long time to come. Well done, Peter Auto, and until next time!
Fotos: Robert Cooper für Classic Driver © 2018