Wer seine Wochenenden in Kiesgruben und Offroad-Parks verbringt, wird von Studio Job wohl kaum etwas gehört haben.
Wer seine Wochenenden in Kiesgruben und Offroad-Parks verbringt, wird von Studio Job wohl kaum etwas gehört haben. Doch in Designkreisen ist das im Jahr 2000 von zwei Antwerper Künstlern gegründete Kollektiv mittlerweile eine bekannte Größe, auf ihrer Kundenliste finden sich Bulgari, L’Oreal and Swarovski. Für ihr neuestes Projekt haben sich die Kreativen zum 65. Land-Rover-Geburtstag den Defender vorgeknöpft – und das brave Arbeitstier in ein Zirkuspferd auf LSD verwandelt. Studio Job wurde von Land Rover alle Freiheiten gewährt, nur fahrbar sollte der Wagen bleiben. Eine Grenze, die das Kollektiv ganz offensichtlich bis zum Äußersten ausgereizt hat.
Zwischen Opulenz und Ironie
Studio Job rühmt sich selbst seiner hohen Handwerkskunst sowie einem Hang zur extremen Verzierung im Graubereich zwischen Opulenz und Ironie. Der Defender könnte diesen Kontrast nicht besser symbolisieren: Auf der Haube thront eine Art goldener Weihnachtsbaum nebst einem Globus, aus den Türen ragen überdimensionale, mit Swarovski-Steinen besetzte Rückspiegel, die Fenster wurden durch Buntglas-Mosaike ersetzt, anstatt der Scheinwerfer flackert eine Kerze und aus dem Motor streckt sich der Welt in schönster Rolling-Stones-Manier eine rote Zunge entgegen.
„Irgendwie kam ein Element zum anderen“, erklärt Designer Job Smeets den Individualisierungsexzess. „Wir wollten ein Auto schaffen, das Dir im wahrsten Wortsinn die Zunge rausstreckt. Der Land Rover möchte etwas werden, was er einfach nicht ist. Es ist ein Lügenmärchen zwischen Monumentalität und Zynismus – aber gilt das nicht sowieso für alle Macht- und Klassenstrukturen?“
Ein Papstmobil für Afrika
Neben zahlreichen geographischen Zitaten – als Felgen dienen das amerikanische Capitol und das Colosseum in Rom – bezieht sich Studio Job auch auf afrikanische Kultur. „Ich könnte mir den Wagen auch als bizarres Papamobil für einen afrikanischen Clanchef vorstellen“, grinst Smeets. „Es ist die Karikatur eines Statussymbols.“ Eines der Räder wurde in diesem Sinn durch ein simples Wagenrad ersetzt – und an der Front wehen die Flaggen von Zimbabwe und dem Kongo. Auch im Innenraum finden sich zahlreiche afrikanische Motive – und wurde passenderweise durch die Firma Vlisco, die teure Materialien für wohlhabende Afrikaner fertigt, ausgestattet. Und wer genau hinsieht, entdeckt auf der Motorhaube ein kleines goldenes Nashorn.
Studio Job versteht das rollende Kunstwerk als wenig subtilen Protest gegen die fehlende Phantasie in der modernen Automobilindustrie. „Wir wollten keine einfache Styling-Übung durchführen“, erklärt Smeets. „Dafür gibt es geeignetere Menschen.“ Für Defender-Liebhaber dürfte die Geburtstagstorte auf Rädern möglicherweise saurer aufstoßen, als der am linken Vorderrad befestigte „Sex Cake“. Doch auf jeden Fall kann das dynamische Duo einen interessanteren Design-Ansatz vorweisen als Victoria Beckham. Eine Serienversion ist nicht geplant, allerdings könnte laut Studio Job eine Pappmaché-Version folgen.
Fotos: R. Rezvani (der schwarze Defender, fotografiert im März 2013) und Zero40 (der weiße Defender, fotografiert im November 2013)