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Minimalist, Funktionalist: Das Design-Ethos des Dieter Rams

Minimalist, Funktionalist: Das Design-Ethos des Dieter Rams

Mit seinem schlichten Funktionsdesign für die Firma Braun hat er die Designgeschichte so nachhaltig geprägt, wie kaum ein anderer Gestalter. Sogar das iPhone basiert auf den Idealen von Dieter Rams. Leider gerät sein Design-Ethos immer mehr in Vergessenheit.

Als langjähriger Fan des Porsche 911 – nicht sehr originell, ich weiss – begeisterte mich an Dieter Rams zunächst, dass er meine Leidenschaft für die Heckmotor-Legende aus Stuttgart zu teilen schien. Wenn auch aus etwas rationaleren Gründen: Rams soll einmal in einem Interview nach seinem liebsten Automobil gefragt worden sein – und sofort den 911 angegeben haben. Auf weitere Nachfrage des Journalisten antwortete er wohl überrascht, doch sachlich: „Ganz einfach, weil er bisher das schnellste Transportmittel ist, um von A nach B zu gelangen.“

Ein Ethos in 10 Punkten

Rückblickend erkennen wir natürlich noch einen weiteren Grund: Der Porsche 911 passte perfekt mit seinem berühmten 10 Thesen zusammen: Gutes Design ist innovativ, Gutes Design macht ein Produkt brauchbar, Gutes Design ist ästhetisch, Gutes Design macht ein Produkt verständlich, Gutes Design ist ehrlich, Gutes Design ist unaufdringlich, Gutes Design ist langlebig, Gutes Design ist konsequent bis ins letzte Detail, Gutes Design ist so wenig Design wie möglich, Gutes Design ist umweltfreundlich – nun ja, neun von 10 Punkten für den Porsche 911.

Neben unserer gemeinsamen Vorliebe für den Zuffenhausener gibt es aber noch eine zweite Sache, die ich an Dieter Rams stets bewundert habe: Seine Gabe, als Designer nicht nur ansprechende Formen zu schaffen, sondern auch Dinge, die wirklich rundum funktionieren.

Das Erbe der Schreinerei

Rams selbst sagt, er habe ein Interesse für Design entwickelt, während er seinem Großvater, einem Schreinermeister, bei der Arbeit zusah. Zunächst begann er deshalb eine Schreinerlehre, wechselte dann jedoch an die Kunstschule, bevor er eine Stelle bei dem Frankfurter Architekten Otto Apel annahm. Seine eigentliche Karriere begann jedoch erst, als Rams einige Jahre später von der Elektronikfirma Braun eingestellt wurde, die zu diesem Zeitpunkt vor allem für Audiosysteme und Diaprojektoren bekannt war – jüngst aber auch einen Rasierapparat herausgebracht hatte, der in die Designgeschichte eingehen sollte.

Nachhaltigkeit made by Braun

1961 war Dieter Rams zum Chefdesigner aufgestiegen – und die Produkte trugen bereits seine unverkennbare Handschrift: Unaufdringliche, fast spartanische Formen, benutzerfreundliche Armaturen und Knöpfe und ein robustes Design. Tatsächlich habe ich neulich einen Bekannten dabei beobachtet, wie er eine der typischen, orangefarbenen KSM2-Kaffeemaschinen benutzte, mehr als 30 Jahre nach dem Kauf. Die Tatsache, dass ein Produkt so lange im Gebrauch bleibt, dürfte am wenigsten Dieter Rams selbst überraschen – schließlich hatte er sich stets gegen die Wegwerfkultur ausgesprochen. Leider wird diese Einstellung von der Industrie heute als völlig veraltet verkauft. Aber hatte man das nicht auch einmal über den Porsche 911 gesagt?

Um mehr über Dieter Rams und seine Arbeit für Braun zu erfahren, empfehlen wir Ihnen das Buch „Less and More - The Design Ethos of Dieter Rams“ aus dem Gestalten Verlag.