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Porsche 911 Sport Classic: Graue Reminiszenz

Porsche 911 Sport Classic: Graue Reminiszenz

Hommage mit Entenbürzel und Fuchsfelgen: Der neue, streng limitierte Porsche 911 Sport Classic macht dem legendären Carrera RS alle Ehre. Vor allem für Sammler ist das Elfer-Remake interessant. Doch sind 200.000 Euro ein fairer Preis, wenn man für gleiches Geld das Original bekommt? Wir haben die Nummer Null der Serie auf dem Weg in die Schweiz ausgiebig getestet.

Angebot und Nachfrage – auf diese Zwillingsformel läuft nicht nur der Kunstmarkt hinaus, der sich vergangene Woche bei der Art Basel einmal wieder in voller Opulenz präsentierte, sondern auch das Geschäft mit exklusiven Automobilen. Je seltener ein Modell ist, desto mehr muss man dafür bezahlen. Klar. Ein echter Ferrari 250 GTO bringt bei Auktionen soviel wie ein Warhol, weil heute nur noch eine Handvoll Exemplare existieren – und die Nachfrage ständig steigt. Auch bei Neuwagen bedienen sich Hersteller immer wieder dieser Marktlogik. So ergibt sich der enorme Preisunterschied zwischen einem normalen – also unlimitierten – Porsche 911 Carrera S und dem neuen Porsche 911 Sport Classic zunächst einmal durch eine kleine Metallplakette über dem Handschuhfach. In unserem Fall liest man dort „Limited Edition Nr. 000/250“ – was den Testwagen faktisch zum 251 Exemplar der Serie macht.

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Wie in der Kunstwelt bedarf es jedoch einer emotionalisierenden Strategie, um die Begehrlichkeit für ein limitiertes Automobil überhaupt zu wecken. Schließlich gibt es zahllose klassische Automobile, die trotz geringer Stückzahlen nahezu unbeachtet auf niedrigem Preisniveau verharren. In Zuffenhausen, wo die sportliche Markentradition jeher als Verkaufsargument funktioniert, wurde für die Sonderserie Sport Classic der Mythos des Porsche 911 Carrera 2.7 RS aktiviert – jenem karg ausgestatteten Rennwagen von 1973, der heute als absoluter Design-Klassiker gehandelt wird. Unter 150.000 Euro ist ein guter RS mit „Matching Numbers“ nicht zu haben, für besonders rare Exemplare zahlt man auch gerne das doppelte. Eine Neuauflage lag für die geschäftstüchtigen Schwaben auf der Hand. Im Gegensatz zu den aktuellen Rennsport-Modellen GT2 RS und GT3 RS, die dezidiert für den zeitgenössischen Motorsport ausgerüstet werden, ist der 911 Sport Classic allerdings ein reiner Retro-Renner, bei dem es in erster Linie um Style, Design und Attitüde geht.

Tatsächlich hat die Zuffenhausener Individualisierungsabteilung „Porsche Exclusive“ in dreijähriger Entwicklungsarbeit ein beeindruckendes Remake produziert. Der Sport Classic basiert auf dem 911 Carrera S, wurde allerdings in der Hüftpartie um 44 Millimeter verbreitert und um 20 Millimeter tiefer gelegt. Das markanteste Erkennungszeichen des Sondermodells ist sicherlich der steil aufragende Heckspoiler, der sogenannte „Entenbürzel“, den die Designer praktisch eins zu eins vom historischen Vorbild übernommen haben. Gleiches passierte mit den klassischen Fuchsfelgen, die bei Porsche auf das neue Radformat übersetzt und schwarz lackiert wurden. Zudem hat der Kleinserien-Elfer ein Doppelkuppel-Dach im Zagato-Stil und eine markante Bugverkleidung mit Spoilerlippe erhalten. In hellem Grau lackiert und mit dunkelgrauen Rallyestreifen beklebt, macht der wuchtige Sport Classic auf der Straße durchaus Eindruck. Die schlichte, auf das Nötigste reduzierte Eleganz des ersten Carrera RS aus den Siebzigerjahren erreicht die Neuauflage freilich nicht – schließlich ist auch dieser Elfer ein Kind seiner Zeit und entspricht dem aktuellen Formenkanon von Porsche, sprich: Groß, breit und äußerst präsent.

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Bei der Ausgestaltung des Innenraums ist Porsche Exclusive eine ungewöhnliche Mixtur aus Vintage-Look und modernem Interior Design mit überraschend undeutschen Farb- und Materialkombinationen gelungen. Das espressobraune Leder mit seinen hellgrauen Kedern, mit dem Sitze, Armaturen und Schalttafel bezogen sind, könnte von Bottega Veneta stammen, während das Flechtleder in den mittleren Sitzbahnen und Türverkleidungen an die Korbstrukturen der High-End-Gartenmöbelmarke Dedon erinnern. Interessant ist auch der grobmaschige, schokoladenbraune Teppich, den die Designer bis auf die Hälfte der Türen hochgezogen haben – und der wunderbar mit dem kühl-grauen Hochglanz-Lack der Karosserie kontrastiert. Eine besondere Ausstattung für einen anspruchsvollen Porsche, der vor den futuristischen Architekturkulissen von Tadao And? oder Herzog & de Meuron geparkt werden will. Aber ist die Ästhetik wirklich den Aufpreis wert?

Der klassische Porsche 911 Carrera 2.7 RS war ein Ausnahme-Sportwagen, und natürlich wurde auch an der Technik des neuen Carrera S geschraubt, bevor sie unter die edle Hülle des Sport Classic einziehen durfte. Für den 3,8 Liter Sechszylinder-Boxermotor mit Benzindirekteinspritzung wurde eine Resonanzsauganlage mit sechs unterdruckgesteuerten Schaltklappen entwickelt, um die Leistung um 23 PS auf 408 PS anzuheben. Entsprechend kraftvoll – und begleitet von kernigem Dröhnen – zieht der Sport Classic nach vorn: Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert 4,6 Sekunden, die Vmax liegt bei 302 km/h. Zu Ehren des Originals hat Porsche der Versuchung widerstanden, die übliche Doppelkupplungs-Automatik zu verbauen. Alle Exemplare der limitierten Serie sind ausschließlich mit einer manuellen Sechsgang-Schaltung zu haben, was gerade auf bergigen und kurvigen Strecken für deutlich gesteigerten Fahrspass sorgt. Abgesehen davon liegt der Retro-Elfer dank tiefergelegtem PASM-Fahrwerk natürlich wie ein Brett auf der Straße. Die nötige Verzögerung liefern kohlefaser-verstärkte Keramikbremsen, die hinter den schwarz lackierten 20-Zöllern hervorlugen.

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Nach drei Tagen und vielen Hundert Kilometern hinter dem Steuer des Porsche 911 Sport Classic ist klar: Wer sich für eines der Exemplare entscheidet, möchte ein Stück Automobilgeschichte besitzen – und dieses täglich auf der Straße bewegen. Der Klassik-Elfer ist ein stilistisches Statement für Kenner, und der hohe Kaufpreis von 201.682 Euro stellt genau wie die Limitierung auf 250 Exemplare sicher, dass man die bewundernden Blicke an der Ampel nicht mit einem Stuttgarter Doppelgänger teilen muss. Allerdings beginnt Porsche bereits, die strenge Limitierung zu verwässern: Die Fuchsfelgen etwa kann man bei Porsche Exclusive auch einzeln Kaufen, und der Entenbürzel zum Nachrüsten ist wahrscheinlich auch nur noch eine Frage der Zeit. In diesem Fall liefe es wieder auf die kleine Plakette am Handschuhfach hinaus, die den großen Unterschied macht.

Text: Jan Baedeker
Fotos: Jan Baedeker / Stefan Gramlich

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