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Guglielmo Miani spricht über 100 Jahre Larusmiani und die Zukunft des FuoriConcorso

Guglielmo Miani spricht über 100 Jahre Larusmiani und die Zukunft des FuoriConcorso

Larusmiani, die Mailänder Modemarke für Gentleman, feiert ihr 100. Jubiläum. Gleichzeitig plant Markenpräsident Guglielmo Miani eine noch größere Auflage des FuoriConcorso und eine Como Car Week. Bei einer Ausfahrt hat Chefredakteur Jan Baedeker mehr darüber erfahren.

Viel ist passiert, seit wir Guglielmo Miani erstmals 2018 in Mailand trafen, um mit ihm über seine Autoleidenschaft und das Modeunternehmen in Familienbesitz zu sprechen. In diesem Jahr feiert Larusmiani das 100. Jahr seines Bestehens – und während das Mailänder Luxuslabel ständig die klassische Garderobe eines Gentleman mit neuen, von Hand gefertigten Kleidern und Accessoires zeitgemäß interpretiert, avancierte die historische Bottega in der Via Montenapoleone zu einer Destination für Autoenthusiasten. Im Schaufenster werden einige der feinsten und ungewöhnlichsten Sammlerautos ausgestellt, die zeigen, wie intelligent Larusmiani die Welten von Luxus und Automobil verbindet. Gleichzeitig – und der Pandemie zum Trotz – hat Guglielmo Miani seine junge Eventreihe FuoriConcorso kontinuierlich optimiert und sie zu einem innovativen und spannenden Autotreffen gemacht, über das alle Welt spricht. Als exklusiver Medienpartner hat Classic Driver den FuoriConcorso seit dem allerersten Event im Jahr 2019 begleitet. Nun ist unser Chefredakteur Jan Baedeker nach Mailand gereist, um mit Guglielmo über Larusmianis Jubiläum, den noch größeren FuoriConcorso-Event im Mai und die gemeinsame Vision einer Como Car Week zu sprechen.

Guglielmo, erstmal Gratulation zu 100 Jahre Larusmiani! Könnten Sie für uns die Geschichte Ihres Unternehmens zusammenfassen?

Aber natürlich! In 1922 kam mein Großvater von Apulien nach Mailand und eröffnete ein kleines Herrenschneideratelier im Montenapoleone-Distrikt. Sein Priester schlug ihm den Namen „Larus“ vor – lateinisch für Möve, ein Vogel, der Freiheit und Glück symbolisiert. Abergläubischer Italiener der er war, war mein Großvater sofort einverstanden. Als das Business florierte, entschied er, nicht nur renommierte britische Textilien für sein Geschäft zu importieren, sondern auch für andere Schneider einzukaufen. In den fünfziger Jahren wurde unser Familienname Miani in den Firmennamen integriert und wir begannen, Pret-à-porter-Mode herzustellen. In jener Zeit, als mein Vater begann, im Unternehmen mitzuarbeiten, brauchten die aufstrebenden französischen Modedesigner leichtere, weichere und auch fließender Stoffe. Das war für ihn der Grund, unsere Textilabteilung auf die nächste Stufe zu führen: Er entwickelte und produzierte eigenen Stoffe „Made in Italy“ für die rasch expandierende Modeindustrie. Ich kam im Jahr 2000 ins Unternehmen und skalierte die Produktion der Textilabteilung innerhalb von zehn Jahren von einer Million Meter auf zwei Millionen Meter Stoff pro Jahr. Seit 2015 arbeitete ich endlich an der Entwicklung der Marke – und sie entfaltete den Stil, den sie heute besitzt. Ich konnte auch das Knowhow von Aldo Lorenzi mit seinem Messerschmiedegeschäft G. Lorenzi – unserem Nachbarn in der Via Monte Napoleone – dazugewinnen. Mehrere Luxuskonzerne haben um ihn geworben, aber letztlich entschied er, sein Wissen, seine Handwerker und seinen Bestand mir zu überlassen. Wir entwickeln immer noch gemeinsam Produkte und treffen uns regelmäßig.

Nach einem Jahrhundert: Was sind die Kernwerte von Larusmiani?

Für mich gilt: Small is beautiful. Ich verspüre nicht das Bedürfnis, hundert Shops in der ganzen Welt zu eröffnen. Lieber möchte ich einer begrenzten Zahl von Menschen das Vergnügen ermöglichen, nur das Beste vom Besten zu kaufen. Für mich ist Larusmiani eine ganz besondere Marke, weil wir auf eine tradierte Expertise setzen, dennoch sind die Resultate frisch und innovativ. Unsere Kunden haben einen kulturellen Hintergrund, somit verstehen sie das handwerkliche Können, das unseren Produkten zu Grunde liegt – egal ob Manufakturhemd oder Messer. Anders als Fashion-Teile, die man nach einer Saison wegwirft, sind unsere Erzeugnisse praktisch, zeitlos und dauerhaft. Die Konsumgesellschaft hat uns gelehrt, dass wir unsere Dinge ständig gegen etwas Neues eintauschen, aber echte Nachhaltigkeit beinhaltet, die Dinge für eine lange Zeit zu nutzen. Mehrheitlich bestehen unsere Kollektionen aus klassischen Stücken, aus der Vergangenheit inspirierten Ikonen, aber mit einem frischen Designansatz. Das ist gewissermaßen auch meine Philosophie beim Sammeln von Autos: Ich such immer nach echtem Wert und echter Qualität. Etwas, das zu seiner Zeit gut entworfen und gefertigt worden ist und nicht dem jüngsten Trend nacheifert.

Larusmianis Boutique in Mailand ist auch für die aufregenden Autos im Schaufenster berühmt. Können Sie uns etwas zu dieser faszinierenden Maschine erzählen?

Ja, es handelt sich um die einmalige und einzige Fiat Turbina von 1954 – einen experimenteller Prototyp, der von einer Gasturbine auf gut 258 Stundenkilometer beschleunigt wird. Ich liebe dieses Auto wegen dieser unglaublichen Leistung und weil es dennoch aussieht wie eine Cartoon-Auto aus meiner Kindheit. Es wurde uns vom Museum MAUTO in Turin freundlich zur Verfügung gestellt. Der Fiat hat seit den sechziger Jahren nie diese Sammlung verlassen, weswegen wir wirklich stolz sind, dass wir das Exemplar zeigen dürfen. 

Seit unserem Interview hat es nochmal einen Wechsel bei den Autos in Larusmianis Boutique gegeben – aktuell wird der einmalige Ferrari 250 GT Zagato Berlinetta Speciale gezeigt. Ein Auto, das in Mailand geboren wurde und jetzt aus Kalifornien eingeflogen worden ist.

Weil wir gerade über Autos plaudern: Das letzte Mal holten Sie uns in einem Bentley der neunziger Jahre ab. Jetzt werden wir in Ihrem doch recht modernen McLaren 675 LT nach Como fahren. Sind Sie der Modern Classics überdrüssig?

Ich lese viel über Autos und denke über sie nach. Irgendwie entwickelten sich für mich Leistung und technologischer Fortschritt zu wesentlichen Faktoren beim Sammeln. Dies ist mein erstes Supercar und es ist eine bemerkenswerte Schöpfung: Es wurde von McLaren MSO für einen speziellen Kunden gebaut, der es auf der Rennstrecke fahren wollte. Also letztlich ist es ein Rennwagen mit Nummernschild. Man spürt in jedem Detail die Hingabe der McLaren-Ingenieure an Leichtbau und Höchstleistung. Gleichzeitig gibt es eine gewisse Schlichtheit der Ästhetik und des Designs, die ich sehr zu schätzen weiß. Seit das Auto mir gehört, fällt es mir wirklich schwer, etwas anderes zu fahren. 

Sie sind inzwischen zu einer Art automobilen Trendsetter avanciert, deswegen wollen unsere Leser bestimmt etwas wissen: Nämlich, welche Auto sind gerade auf Ihrer persönlichen Wunschliste?

Definitiv noch mehr McLaren! (Er lacht) Und ich habe auch eine ganz besondere Vorliebe für die Sportwagen von Porsche Exclusive – wegen ihres Grades an Individualisierung und handwerklicher Verarbeitung. Ich suche immer die Perfektion, das Beste des Besten. Gerade habe ich einen Porsche 997 Turbo in Triple-Blue aus der Porsche Exclusive Manufaktur gekauft. Ah ja, und einen Audi RS6 Avant der ersten Serie, den ich bei einem spanischen Händler auf Classic Driver fand. Eine Ikone, die ich mir immer für meine Garage gewünscht hatte. 

Im Mai 2019 organisierten Sie am Comer See einen ersten Auto-Event mit Namen FuoriConcorso. Seitdem – und trotz den Einschränkungen durch die Pandemie –erwuchs aus der FuoriConcorso-Vision eine Serie von globalen Autotreffen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Die Idee für den ersten Event entstand aus dem Wunsch, meine Passion für handgefertigte Bentley Continental der neunziger Jahre mit Gleichgesinnten zu teilen. Weil Larusmiani zugleich Sponsor des Concorso d´Eleganza Villa d´Este war, beschloss ich, die nahe gelegene Villa del Grumello am selben Wochenende zu mieten, um einige dieser außergewöhnlichen Bentley zu zeigen. Der große Erfolg des Events hat uns zunächst völlig überrascht, aber dann schnell dazu geführt, dass wir andere Veranstaltungen dieser Art organisieren. Während des Monza Grand Prix haben wir ikonische Formel 1-Rennwagen vor der Mailänder Villa Necchi versammelt, dann organisierten wir Rallyes mit weißen Autos in der Wüste Kaliforniens und auf Sardinien. Im vergangenen Herbst kehrten wir zur Villa del Grumello mit einer großen Ausstellung legendärer Turbo-Fahrzeuge zurück. Es ist uns sehr wichtig, dass der FuoriConcorso keinen Wiederholungscharakter erhält – es muss immer unterhaltsam und überraschend sein. Letztlich geht es um Autokultur und wir hören dieser speziellen Szene genau zu, um ihre Wünsche umsetzen zu können. Unsere Gäste sind im Alter zwischen 20 und 60 Jahren, aber ihnen allen ist eine Leidenschaft für Automobile gemein. Ich freue mich auch auf die weitere Partnerschaft mit Classic Driver – euer Team hat uns vom ersten Tag an sehr unterstützt. Wir teilen dieselben Werte, dieselbe Zielgruppe, dieselbe kulturelle Neigung und die Art, wie wir die Dinge betrachten. Das ist uns sehr wichtig. 

Danke, das freut uns! Als Medienpartner haben wir das in den letzten Monaten intensiv diskutiert. Könnten wir jetzt unseren Lesern ein wenig mehr über den nächsten FuoriConcorso verraten, der am 21. und 22. Mai am Comer See stattfindet?

Unbedingt. Nur dürfen wir das Hauptthema des Events nicht enthüllen, sonst verderben wir die Überraschung. Wie immer beim FuoriConcorso wird es ein Fest der Exzellenz und der Handwerkskunst. Was wir schon erzählen können – dass es ab diesem Jahr drei Villen statt zwei geben wird: Neben der Villa del Grumello und Villa Sucota haben wir die Villa Olmo dazu gewonnen, eine neoklassizistische Sommerfrische der lombardischen Aristokratie mit einem fantastischen seeseitigen Garten. Es ist die perfekte Kulisse für eine sehr besondere Ausstellung – in jedem Jahr werden wir ein weltberühmtes Automuseum, eine Stiftung oder eine Sammlung zu dieser einzigartigen Location einladen. Ihre Autos werden dafür die heiligen Hallen verlassen, um einem viel größeren Publikum zugänglich zu sein. Das Museum, das heuer unser Gast sein wird, kündigen wir in Kürze an. 

Bekommt die Öffentlichkeit die Gelegenheit, das alles auch bewundern zu können? Oder findet alles quasi hinter verschlossenen Portalen statt?

Der Teil des FuoriConcorsos an der Villa Olmo wird zu allen Zeiten für die Öffentlichkeit zugänglich sein, Samstag wie Sonntag. Es ist ein Geschenk an alle, die Autos lieben. Der Zugang zum Themenevent an der Villa del Grumello und der Villa Sucota ist am Samstag für geladene Gäste reserviert, am Sonntagnachmittag aber offen für alle. 

Mit dem Concorso d´Eleganza Villa d´Este und dem FuoriConcorso gibt es damit zwei europäische Spitzenevents, die gleichzeitig am Comer See stattfinden. Wir haben darüber bereits gesprochen: Warum nicht das Format noch mehr erweitern und ein einwöchiges Festival schaffen – ähnlich wie die Monterey Car Week?

Unbedingt! Ein Como Car Week zu entwickeln sollte eine hohe Priorität haben. Ich bin überzeugt, dass zusammen mit den Organisatoren des Concorso d‘Eleganza Villa d‘Este, der BMW Group und der kommunalen Verwaltung von Como eine wirkungsreiche Serie von Events auf die Beine gestellt werden kann, die niemand aus der automobilen Sammlerszene verpassen will. Natürlich wäre die Villa d‘Este auch weiterhin die wichtigste Location und der Concorso d‘Eleganza die Hauptattraktion einer solchen Como Car Week. Trotzdem können andere Formate wie unser FuoriConcorso ebenfalls Highlights setzen, weil sie ein etwas anderes Publikum und neue Communities anziehen. Die Eröffnung der Villa Olmo und die Verdopplung der ausgestellten Automobile in diesem Jahr ist ein nächster Schritt, um dieses Ziel zu erreichen. Abgesehen davon werden wir die Unterhaltung beim diesjährigen FuoriConcorso noch stärker betonen: Wir alle können mehr Freude in unserem Leben vertragen. Deshalb haben wir eine ganz neue Erfahrung kreiert, damit unsere Gäste viel Vergnügen haben. Und wo ginge das besser, als am Comer See im Frühling!

Fotos: Andrea Luzardi © 2022