„Wir sind nach Hatfield Park umgezogen, weil London letztlich immer autofeindlicher wird und weil wir mehr Raum für unsere Werkstätten benötigten”, erzählt uns Nicholas Mee bei einem Espresso auf dem Hochparterre, von wo aus man einen beeindruckenden Blick auf den neuen Galerie-Showroom mit Aston Martins aus jeder Epoche genießt.
Wer schon einmal die frühere Adresse von Nicholas Mees Unternehmen im Westen Londons besucht hat, versteht seine Beweggründe für den Umzug. Sowohl der Showroom wie die Werkstatt platzten aus den Nähten - es war so wenig Stellfläche vorhanden, dass man Fahrzeuge in den umliegenden Straßen parken musste. „Hinzu kommt, dass mit Tempolimits, Bodenschwellen und Kamerafallen überall es fast unmöglich wurde, Autos auf der Straße zu testen.”
Auf der Suche nach neuen, großzügigeren Räumlichkeiten, um endlich alle Aspekte der Firma unter einem Dach unterzubringen und immer noch nah genug an London zu sein, besuchte Mee vor zwei Jahren den 250 Jahre alten Hof auf dem Landsitz Hatfield Park. Offensichtlich gefiel ihm die Lage auf Anhieb.
„Die Verwaltung des Landguts hat unsere Vision verstanden und schätzt auch, dass es sich hier nicht um ein konventionelles Autohaus handelt, sondern um Traditionspflege bei der erfahrene Handwerker klassische Fahrzeuge restaurieren”, erklärt er. „Diese Lage können wir nach unseren Bedürfnissen weiter entwickeln und sind trotzdem nur einen Katzensprung von London und den wichtigsten Motorways entfernt. Außerdem haben wir hier gute Landstraßen, um die Astons entsprechend zu testen.”
Heute verteilen sich auf zwei Morgen Land sieben Gebäude zu denen der Galerie-Showroom mit Platz für 24 Fahrzeuge ebenso gehört wie verschiedene Werkstätten und Lagerräume für den Handel mit Teilen und Komponenten der Marke. Der alte Komplex wurde sorgsam restauriert, um modernste technische Ausstattung mit dem gewachsenen Charme einer 250 Jahre alten Farm verbinden zu können. So entstand eine Atmosphäre, die perfekt zur Noblesse der Grand Tourer von Aston Martin passt, die einem hier auf Schritt und Tritt begegnen.
Alles unter einem Dach versammeln zu können, erlaubt Nicholas Mee & Company größere Unabhängigkeit von externen Zulieferern. Die Vereinheitlichung der Prozesse steigert damit auch die Qualität der Firma und kommt so auch den Kunden zugute. „Wenn es sich um Restaurierungen dreht, dann muss es am Ende auch ein gutes Resultat geben”, findet Mee.
„Bei allem Respekt, aber manchmal haben uns die externen Zulieferer hinsichtlich Timing, Preisen und vor allem Qualität auch enttäuscht. Und das fällt eben auf uns zurück.” Mee hat jetzt auch einen erfahrenen Trimmer für eine eigens eingerichtete Werkstatt eingestellt und plant hier außerdem, aktuellere Aston Martin-Motoren neu aufbauen zu können. Zu den derzeit 20 Mitarbeitern sollen weitere spezialisierte Handwerker und Lehrlinge dazukommen, denn Mee möchte seine Serviceangebote in den nächsten Monaten und Jahren zügig erweitern. „Hoffentlich sehen die Kunden die Vorteile dieser Strategie.”
Für den früheren Verkaufsleiter von Aston Martin ist die Nachfrage ungebrochen. „Es gibt viele Menschen, die stark in diese Automobile investieren und folglich fachgerechte Pflege wünschen, ebenso wie Upgrades und im Lauf der Zeit Restaurierungen. Diese Kundschaft wird nicht verschwinden. Ich habe den Eindruck, dass Werkstätten im ganzen Land sich kaum vor Aufträgen retten können.”
Das neue Domizil beeindruckt auch die Kunden. Der Anblick ihrer kostbaren Fahrzeuge, gestapelt und eng gedrängt in dunklen und engen Werkstätten, hatte ihnen nicht gefallen. Mit dem Umzug nach Hertfordshire rücken bei Nicholas Mee & Company aber auch neue Projekte in den Fokus: Veranstaltungen.
Vorstellbar wären kleine, feine Concours-Wettbewerbe, informelle Treffen an einem Samstagmorgen und Cocktail-Empfänge mit denen sich das Unternehmen als die Destination für Großbritanniens Aston Martin-Besitzer etablieren könnte. „Unser Gedankengang ist eigentlich ganz einfach: Wir wollen den Eignern eine Ausrede geben, um die Autos für eine Ausfahrt aus der Garage zu holen.”
Bei unserem Besuch ist natürlich nur naheliegend, den Mann, der als „Mr. Aston Martin” gilt, nach dem aktuellen Aston-Markt zu befragen und zu erfahren, welche Modelle gerade begehrt sind. „Selbstverständlich wirken sich die Unsicherheiten rund um den Brexit aus, insofern als die Menschen nur zögerlich kaufen. Aber bei uns läuft das Business bestens. Die Tage, als jemand einen Klassiker erwerben und schon zehn Minuten später einen Profit verbuchen konnte, sind vorbei. Aber dafür gibt es heute viel mehr Enthusiasten am Markt, die wirklich Freude an ihren Automobilen haben - der Grund, weshalb wir Veranstaltungen organisieren wollen.”
Zu den Trends sagt Mee: „Wir stellen fest, dass die V8 großen Anklang finden. Das könnte mit dem Generationenwechsel zu tun haben. Als zwölfjährige Jungen wurden sie von ihren Vätern von einer Motorshow zur nächsten geschleppt. Sie sahen Boxer, Countach und V8 Vantage. Jetzt sind sie erwachsen und haben nun die Zeit und die Mittel, um sich diese Sportwagen selbst zu kaufen, die übrigens auch deshalb attraktiv sind, weil sie immer noch wesentlich günstiger sind als die DB4, DB5 und DB6.” Wer würde einem Gentleman widersprechen wollen, der in den achtziger Jahren wesentlich zum Erfolg der Marke beigetragen hat - denn damals hat er genau diese Modelle als Neuwagen verkauft.
Die Vermählung von alt und neu als Kerngeschäft, das Verkauf, Service und Restaurierung jeder Aston Martin-Generation umfasst, spiegelt sich kongenial in diesem wunderbaren neue Areal. Die denkmalgeschützten Scheunen und Ställe mit ihrem ursprünglichen Charakter wurden so respektvoll und sorgfältig renoviert wie auch die Spezialisten von Nicholas Mee & Company ihre Autos zu neuem Leben erwecken. Hier ist das Erbe von Aston Martin in bewährten Händen und man kann Nicholas, Ed, Neal und dem kompletten Team nur viel Glück mit ihren neuen Projekten wünschen.
Fotos: Tom Shaxson für Classic Driver © 2018