Projekt „Rennsport Coupé“
Die Geschichte des vergessenen Porsche begann 1964. In diesem Jahr lief der Sportwagen als gewöhnlicher Porsche 911 mit 2,0-Liter-Motor vom Band. Erst 1966 wurde das Auto an das Design-Center für Fahrzeugtechnik der Uni Aachen entsandt. Der Auftrag: ein leichtes „Rennsport Coupé“ mit Klappdach-Karosserie auf Basis des 911er-Chassis zu gestalten. Die neue Designstudie auf Elfer-Basis sollte mehr an den rennsportlichen Porsche 904 anlehnen, dessen hintere Motorhaube schließlich auch eine Art Klappdach war.
Endstation Lackierbetrieb
Es wurden technische Skizzen und ein Miniatur-Modell entworfen, ehe die hauseigene Karosserieabteilung der Uni Aachen ans Werk ging und eine komplett neue Hülle konstruierte. Um das Gewicht niedrig zu halten, wurden viele Teile aus Aluminium gefertigt. So etwa die charakteristischen Lamellen im Heckbereich und der angrenzende „Targa“-Bügel. Dass dieser Porsche echte Rennsportambitionen hatte, davon zeugt auch die Anordnung der Instrumente im Armaturenbrett: Sie wurden nachträglich auf die rechte Seite versetzt. Das Highlight der Studie war aber ohne Zweifel die aufklappbare Cockpitkanzel, die sich im geschlossenen Zustand harmonisch in die Karosserielinie integrierte. Schließlich wurde die Klappdach-Studie noch bei einem Lackierbetrieb im nordrhein-westfälischen Würselen in grelles Grün getaucht und der Modellname „Porsche HLS“ in schwarzen Lettern appliziert.
Verschmäht, verschwunden, verrottet
Was dann geschah, erklärt, warum der Porsche 911 Klappdach bis jetzt mit keinem einzigen Treffer bei Google auftaucht: Er verschwand von der Bildfläche. Vermutlich hatte die leicht exzentrische Studie keinen Anklang in der Zuffenhausener Konzernzentrale gefunden und wurde daher kurzerhand beim besagten Lackierbetrieb dauergeparkt. Dort rottete der Porsche für die nächsten 40 Jahre vor sich hin. Erst als 911-Experte Manfred Hering von Early 911S darauf angesprochen wurde, ob er den Porsche nicht kostengünstig restaurieren könne, erchien die längst vergessenen Konzeptstudie wieder auf der Bildfläche. „Ich wurde gefragt, ob ich den Porsche nicht für einige zehntausend Euro restaurieren könne. Natürlich musste ich abwinken, bemühte mich aber von da an um den Erwerb dieses einmaligen Porsche“, berichtet Hering. „Nach drei Jahren Gesprächen und Verhandlungen stand ich dann vor dem ansehnlichen Wrack, das in den letzten vier Jahrzehnten der Witterung ausgesetzt war, um es abzuholen. Der Original-Motor sowie ein Ersatzmotor lagen demontiert daneben und hatten schon mehreren Mäusefamilien als Unterkunft gedient.“
Die rosige Zukunft des Klappdach-Porsche
Das Privileg, bei „Early 911“ in die Traumfabrik für frühe 911er aufgenommen zu werden, sei diesem einmaligen Porsche gegönnt. Inhaber Manfred Hering hat auch schon einen konkreten Plan für seinen Gartenfund: „Mitte April werde ich den Klappdach-Porsche bei der Techno Classic 2015 erstmals der Öffentlichkeit präsentieren. Im Anschluss restaurieren wir die Studie und versuchen dabei natürlich, so viele Originalteile wie möglich zu verwenden.“ Ob er seinen einzigartigen Fund irgenwann wieder hergeben möchte – diese Frage sparen wir uns für das nächste Treffen auf...
Fotos: Rémi Dargegen für Classic Driver © 2014