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Diese Werks-Alpine A110 hatte die Kunst der Leichtigkeit perfektioniert

Diese Werks-Alpine A110 hatte die Kunst der Leichtigkeit perfektioniert

Es ist zwar die Jahreszeit, in der man sich gerne verwöhnt. Aber sollte man an Weihnachten allmählich an physische und mentale Grenzen stoßen, dann hätten wir da die perfekte Kur. Dieser ehemalige Werks-Alpine A110 verführt beim Fahren zur Reduktion aufs Wesentliche.

Wie hatte doch Popstar April Lavigne gesungen: Warum mussten wir die Dinge einfach so kompliziert machen? Heutzutage sind auch Sportwagen, die als „puristisch” beschrieben werden, so angefüllt mit Technologie jedweder Art wie ein gefüllter Truthahn an Weihnachten. Und so wie man sich nach einem besonders ausgiebigen Festtagsmenü etwas unbeweglich fühlt, sind auch diese Fahrzeuge unnötig schwer.

Wie immer im Leben ist Zurückhaltung der Schlüssel, vor allem an Weihnachten. Sei es die Zeit, die man mit der Familie verbringt, ehe sich der stets lauernde Unmut entlädt oder die Menge an Alkohol bei der Weihnachtsfeier im Büro, die unzähligen Lebkuchen, Plätzchen und Bratwürste, die einfach zu verlockend erscheinen. Zuviel des Guten kann sich auch ins Gegenteil verkehren, und das gilt auch für Autos.

Die Designmaxime „weniger ist mehr” wird am überzeugendsten vom Alpine A110 verkörpert, jenem Coupé, das so schmerzlich schön ist und Fahren wieder auf ein absolut schieres Minimum herausschält und dennoch diesen unverkennbaren französischen Flair besitzt. Nach Tagen, in denen man nur noch gegessen und getrunken hat, kann man sich vorstellen, wie befreiend es sein muss, in diese schlanke kleine Rakete zu schlüpfen, die Fenster herunter zu kurbeln und bei einer winterlichen Kurvenfahrt jegliches Völlegefühl weg zu pusten. 

Sympathischerweise hatte Jürgen Clauss, der Schöpfer von AlpineLAB, der Website für Alpine-Enthusiasten, einen ganz ähnlichen Einfall. Der schöne A110 1800 mit dem er einen Feiertagsausflug zelebrierte, ist einer von nur 17 Exemplaren, die von Alpine Renault für die erste Rallyeweltmeisterschaft 1973 vorbereitet wurden. Erst kürzlich wurde das Coupé umfassend nach den ursprünglichen Werksspezifikationen und den damaligen Farben restauriert.

Sein Debüt im Motorsport feierte das Auto beim siebten Rennen - in Polen - in Alpines schicken neuen Tricolore-Stallfarben und Rennfahrer Jean Luc Thérier und Alain Mahé am Steuer. Es war bei zwei weiteren Rallyes in Österreich und England am Start und wurde dort auch vom großen Jean-Pierre Nicholas pilotiert, der auch für den ersten Triumph Alpines bei der allerersten Rallyeweltmeisterschaft mitverantwortlich war.  

Nach einer anstrengenden zweiten Karriere als einer von nur zwei A110, die im alten Ostblock im Motorsport unterwegs waren und in deren Verlauf der Alpine laufend modifiziert und umgespritzt wurde, landete dieser wichtige Rennwagen in einer provisorischen Behausung auf einem ungarischen Schrottplatz. „Obwohl der Verkauf nach Ungarn im Jahr 1974 unter Insidern kein Geheimnis war, galt das Fahrzeug allgemein doch als auf ewig verloren”, erklärt Clauss. „Viele Jahre lang ertrug dieser Alpine eine elende Existenz - eine, die unbedingt beendet werden musste.”

„Wir spürten das Fahrzeug auf”, fährt Clauss fort, „konnten es erwerben und brachten es nach Deutschland, um es zu restaurieren.” Wenn man bedenkt, dass der Boden buchstäblich verschwunden war, dann ist die Verwandlung zurück zur ursprünglichen Spezifikation der österreichischen Alpine-Rallye eine außergewöhnliche Leistung, die man Clauss und dem von ihm beauftragten Team nicht hoch genug anrechnen kann.

Es ist irgendwie ironisch, dass das Auto im Verlauf der Instandsetzung verschlankt wurde. Im Laufe seiner wechselvollen Geschichte erhielt es ein etwas plumpes und vermurkst wirkendes Body kit, so wie Menschen, die sich an Weihnachten die dritte Portion auf den Teller laden. 

Aber heute mit diesem drahtigen Körper, den aufreizend ausgestellten Kotflügeln und der geduckt-gedrungenen Haltung erteilt der Alpine A110 eine Lektion in Sachen Design - und in Sachen Leichtbau, die auch Singer beeindrucken würde. Dieser besondere Renault erinnert daran, dass gerade auch an Weihnachten die Devise weniger ist mehr ihre Gültigkeit nicht verliert. Wie wäre es eigentlich mit einer neuen Bewegung unter dem Motto: „Macht Autos wieder klein und leicht?”

Fotos: Felix Pilz für AlpineLAB © 2018

Sie finden eine Auswahl an Alpine A110 in verschiedenen Varianten zum Verkauf im Classic Driver Markt.