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Autoträume werden wahr bei der Rétromobile 2017 in Paris

Autoträume werden wahr bei der Rétromobile 2017 in Paris

Für alle Fans, Sammler und Händler, die den Auftakt zur neuen Messe-Saison kaum noch abwarten konnten, war die Rétromobile wieder der optimale Weckruf aus dem Winterschlaf. Ein französisches Fünf-Gänge-Menü – zu üppig, um es auf einmal verzehren zu können.

Die beste Show?

Hat sich die Rétromobile inzwischen zur besten Handelsmesse für klassische Automobile weltweit gemausert? Sie mag nicht die schiere Größe der Essener Techno Classica und auch nicht die originellen Live-Vorführungen der London Classic Car Show bieten. Doch zieht sie alljährlich zum Saisonauftakt die hochkarätigsten europäischen Händler und Sammler an die Pariser Porte de Versailles. Alle sind erpicht darauf, ihre Autos aus dem Winterschlaf zu holen und sie einem kundigen und dankbaren Publikum zu präsentieren. Die Rétromobile ist sehr französisch, doch macht gerade das einen Teil ihres Charmes aus, zu dem auch kleine Unperfektheiten gehören. Wie zum Beispiel die Unbekümmertheit, mit der die Organisatoren und Kuratoren gewisse Themen gewichten und inszenieren. Warum zum Beispiel steht die zum 70. Geburtstag der legendären Marke zusammengeholte Sammlung absolut atemberaubender Ferrari – darunter ein 250 LM – abgetrennt in einer separaten Halle? Wer nicht ausdrücklich nach ihr sucht, könnte sie glatt übersehen.

Wahrhaft große Auftritte

Dessen ungeachtet war die Ferrari-Parade natürlich einmalig. Ebenso wie die mit Aston Martin-DB-Modellen vollgestellte und von James Bonds DB5 (komplett mit Einschusslöchern!) und einem dunkelblauen DB3S gekrönte Fläche. Richtig weiche Knie bekamen wir beim Messerundgang jedoch beim Anblick eines Korridors mit Gruppe B-Boliden. Vom sexy Lancia o37 in Martini-Farben über den kleinen Giftzwerg namens MG Metro 6R4 bis zum außerhalb Frankreichs weniger bekannten Citroën Visa 1000 Pistes weckten sie Erinnerungen an eine goldene Zeit des Rallyesports. Vor allem jüngeren Zuschauer blieb da der Mund schon mal offen stehen. Anderswo begeisterte Lukas Hünis Vergleich zwischen den beiden Auto-Genies Ettore Bugatti und Walter Owen Bentley, unter anderem in Gestalt des „Old No. 2“ Birkin Blower Bentley. Richard Mille zeigte derweil Formel-1-Renner, die weniger dank ihres Erfolgs denn ihres technologischen Wagemuts Aufsehen erregten. Konkret: den sechsrädrigen Tyrrell P34 und den allradgetriebenen Ferguson P99, auf dem Stirling Moss 1961 den Gold Cup in Oulton Park gewann. 

Werkangelegenheiten

Wie schon Tradition auf der Rétromobile, nutzen auch viele Hersteller die Bühne, um ihre werksseitigen Heritage-Aktivitäten zur Schau zu stellen. Porsche zelebrierte „40 Jahre 928“ unter anderem mit einem makellosen GTS, Jaguar zeigte den ersten „neu-alten“ XKSS aus der Continuation-Serie erstmals in Europa und Citroën… nun, als wir dort vorbeischauten, gab es Brot, Kartoffelchips und Rotwein – perfekt. Dafür entschädigte Renault mit einem Stand voller perlweißer Alpine – darunter eine hübsche kleine A106 und die demnächst in Serie gehenden „New Age“-Version. 

Jahrmarktsatmosphäre

Natürlich besteht die Hautattraktion für Fans, Händler und Sammler in den rund 500 Ausstellern, die auf einem regelrechten Jahrmarkt des Automobils alles anbieten, was das Herz so erfreut. Ganze Autos, Ersatzteile, Serviceangebote, Automobilia und Accessoires aller Art. Wenn Sie auf der Jagd nach ihrem nächsten Zweitwagen sind – einem klassischen Hatchback, einem historischen Rennprototypen oder einem limitierten Supersportwagen – dann ist die Rétromobile für Sie ein Pflichtboxenstopp. 

Vorsicht die Briten kommen!

Das wie immer starke Kontingent britischer Classic Driver-Händler wurde heuer durch Girardo & Co verstärkt, der den spektakulären Ex-Colin McRae Ferrari 550 Maranello GT1 zum Besten gab. Am Mittwoch gegen Mittag hatte JD Classics schon zwei Fahrzeuge verkauft – darunter einen silbernen Ferrari 250 GT Lusso. Doch war es der seltene Jaguar XJR15 – der bei TWR für einen Markenpokal gebaute zweisitzige Supersportwagen mit Gruppe C-Technik – der die meiste Aufmerksamkeit auf dem Stand hervorrief. Wie haben schon in der Vorschau Fiskens Rétromobile-Aufgebot gepriesen – doch sah es live noch eindrucksvoller aus. Leider konnten wir den Ex-Reutemann/Ex-Villeneuve Ferrari 312 T3 nicht nach Hause fahren, und hätten ihn am liebsten auf der Stelle an eine Rennstrecke ohne mittägliche Lärmschutzvorschriften entführt. Auch bei William I’Anson’s war viel Betrieb – kein Wunder, lockten doch dort gleich zwei BMW 3.0 CSL in Rennausführung. 

Wie Perlen auf der Schnur

Der Eindruck des schwarzen und bespoilerten Lamborghini Jalpa am Stand der Gallery Aaldering ließ uns darüber sinnieren, warum eigentlich nur der Countach derzeit so starke Wertzuwächse erfährt? Bei HK Engineering dagegen verliebten wir uns in die Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer und Roadster – und auch in die neben ihnen posierenden Damen. Bei Movendi sahen wir unsere Fotohelden aus Düsseldorf wieder, das Trikolore-Trio aus Porsche 959, Ferrari F50 und Bugatti EB100 GT. Und Axel Schuettes 1929er Packard 645 Deluxe Sport Phaeton haute uns dann völlig aus den Socken. Kamen Autos danach noch jemals so großartig und imposant daher?   

Joie de vivre

Natürlich ließen sich auch die französischen Händler nicht lumpen, beim Heimspiel gebührend mitzubieten. Schön zu sehen, wie viele Classic-Driver-Händler stolz die gallischen Farben hochhielten. Angefangen mit Arthur Karakoumouchian von L’Art de L’Automobile, der einen erfrischend jugendlichen Einblick in die Klassiker-Szene gab und über seine Pläne berichtete, die Welt der Automobile und der Mode zusammenzuführen, um so eine neue Generation von Liebhabern alter Autos zu inspirieren. Nur zu gerne lud er uns ein, seinen supercoolen Porsche 944 Team Rothmans Edition samt den gestreiften Velours-Sitzen in Augenschein zu nehmen. Gerne trafen wir uns auch noch einmal mit weiteren Fotohelden der letzten Woche – dem Heidegger-BMW 3.0 CSL Gruppe 2 und dem straßenzugelassenen M1, garantiert der einzige der ganzen Messe. Serge Heitz wählte die Rétromobile derweil zum Launch seiner neuen Motorradmarke Hedonic, während Mécaniques Modernes & Classiques ein wunderschönes Aston Martin DB5 Short Chassis Convertible auffuhr. Nach einige internen Diskussion fiel die Wahl unseres Messefavoriten auf den Porsche 917-Nachbau, den die Kremer-Brüder 1981 in Le Mans an den Start brachten – wo er dann aber leider früh ausfiel. 

Nur ein Vorgeschmack

Was wir von der Rétromobile mitnehmen ist dieser unstillbare Appetit nach klassischen Autos und der weiter überall spürbare, ungebrochene Enthusiasmus. Gerne hätten wir etwas mehr jüngere Besucher im Strom der Massen gesehen, doch könnte sich das am Wochenende durchaus ändern. Die Händler waren durch die Bank guter Dinge und berichteten über gesunde Geschäfte. Immer wieder betonten sie, wie wichtig es sei, sich hier zu treffen und das Jahr damit offiziell einzuläuten. Daher können wir auch leicht über einige zerfranste Teppiche und die teils etwas lieblos choreografierten Präsentationen hinwegsehen. Der Frühling liegt in der Luft, und der Besuch der Rétromobile hat unsere Erwartungen auf ein ereignisreiches Auto-Jahr 2017 nur noch weiter gesteigert.

Fotos: Rémi Dargegen for Classic Driver © 2017

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