Die Corvette von Chevrolet umgibt seit jeher ein süßlich schwerer Duft des Verruchten. Der einst so extrovertierte Amerikaner erlitt in den Siebzigern das Schicksal fast aller amerikanischen Sportwagen: Er ruinierte seinen Ruf in Europa durch miese Qualität und zwielichtige Besitzer. Nahezu jeder, der in dieser Zeit etwas auf einen besonderen Ruf hielt, griff irgendwann zu dem bollernden Ami und zeigte sich mit ihm in seinem ganz eigenen Lebensraum. Bevor Liebhaber den amerikanischen Sportwagen für sich entdecken konnten war sein Ruf trotz durchaus konkurrenzfähiger Technik, so nachhaltig ruiniert, dass die Preise ins Bodenlose fielen und lange Zeit auch dort verharrten. Doch die Zeiten ändern sich. Ein schönes Beispiel ist die von RM Auctions angebotene, rubinrote Corvette aus der begehrten 40th-Anniversary-Sonderedition.
Mit dem 1984er Corvette-Modell des Typs C4 gelang GM ein interessanter Wurf, der sich auch im Design an den Vorstellungen der europäischen Kunden orientierte. Das Modell mit der aus Kunststoff hergestellten Karosserie verfügte darüber hinaus über alles, was das Sportfahrerherz jenseits des großen Teichs begehrte. Neben einem niedrigen Karosseriegewicht hieß das vor allem: Leistung pur. Sowohl das Cabriolet, als auch das Coupé konnten entweder mit dem 5,7 Liter V8 mit 305 PS oder, im ZR1-Modell, mit dem von Lotus modifizierten 400-PS-Aggregat ausgerüstet werden. Beide Leistungsvarianten waren auch für die 6.749 Mal produzierte Sonderserie zum 40. Jubiläum lieferbar. Unser Fotomodell belässt es bei der kleineren Motorversion, die für sein bisheriges Leben im Bestand einer Autosammlung allerdings auch völlig ausreichte. Denn der in androgynem Rubinrot lackierte Sportler hat bislang lediglich 2.688 Meilen zurückgelegt. Bei einer so geringen Laufleistung präsentiert sich die ebenfalls in rubinrot gehaltene Innenausstattung natürlich in einem makellosen Zustand. Das reichlich verwendete Leder weißt keinerlei Risse von Sonneneinstrahlung auf, ebenso präsentieren sich sämtliche Schalter und Griffe ohne Gebrauchsspuren. Ein wichtiger Faktor für eine gute Geldanlage, denn die Innenraumfarbe, die ausschließlich der Sonderserie vorbehalten war, ist im Ersatzteilregal von GM schon lange vergriffen.
Anfang der 90er Jahre begann das digitale Zeitalter im Automobilbau, und bei GM wurde ein Feuerwerk von Elektronik abgefeuert. So blickte der Corvette-Pilot auf ein Armaturenbrett voller grüner Digitalziffern und Anzeigen. Die Corvette kommunizierte nahezu alle Lebensäußerungen auf diesem Weg, untermalt von lustigen Klingeltönen in verschiedenen Tonfolgen. Wessen Spieltrieb damit noch nicht befriedigt wurde, der hatte die Auswahl aus fast 80 Tasten rund um das Lenkrad. Auf diese gehorchten so moderne Geräte, wie die Delco-Hifi-Anlage mit CD-Player, ein elektrisch verstellbares Fahrwerk oder die elektrisch verstellbaren Sitze. Daneben konnte der Kunde noch eine Reifendruckkontrolle ordern, während die hochmoderne Alarmanlage mit Abschleppschutz und elektronisch codiertem Zündschlüssel ebenso zum 1.445 US-Dollar teuren Jubiläumspaket gehörte, wie das wetterfeste und mit einer Glasscheibe ausgerüstete Hardtop.
Hight-Tech im Innenraum, eine Vielzahl von innovativen Fahrzeugsystemen und eine kraftvolle Motorisierung machen die Corvette-Neunziger zu einer ernstzunehmenden Alternative auf dem Sportwagenmarkt. Und nachdem sich auch sein Image in der alten Welt deutlich verbessert hat, sollte einer Karriere als Collectors Car in Europa wohl nichts mehr im Wege stehen. Vetten, dass?
Fotos: [email protected] ©2012 Courtesy of RM Auctions