Trotz einer Fülle an betörenden Automobilen war es ein Ferrari mit dezidiert französischen Wurzeln, der unsere Herzen bei der Rétromobile im Februar besonders erwärmte. Als wir nun zu einem etwas intimeren Tête-à-Tête mit der blauen Schönheit geladen wurden, brauchte man uns nicht zweimal zu bitten.
Schieben Sie es auf den Alkohol...
Wie viele gute Love Stories beginnt auch die Geschichte dieses Ferrari mit Chassisnummer 07765 mit Alkohol. Es ist 1965, als der Short-Nose 275 in der Farbe Blu Sera Metallic an Frédéric Chandon geliefert wird. Der schillernde Champagner-Fürst hat die Order zuvor persönlich bei Enzo Ferrari platziert. Gesegnet mit gutem Geschmack, beträchtlichem Vermögen – und kurzer Aufmerksamkeitsspanne – findet er allerdings schnell eine neue Liebe und tritt den GTB an seinen Freund Pierre Bardinon ab. Auch dieser bleibt dem Auto nicht lange treu und tauscht es beim Amateurrennfahrer Claude Bouscary gegen eine 7-Liter Shelby Cobra ein.
Das Jubeljahr 1967
Im Besitz von Bouscary erlebt der Ferrari dann seine schönste Zeit. Das neue Gespann startet 1967 in der französischen GT-Meisterschaft und gewinnt in jedem Rennen seine Klasse – und somit natürlich auch den Titel. Bouscary wechselt danach auf einen Porsche 911 S, während der Ferrari nun unter mehreren französischen Besitzern ein relativ ruhiges Leben führt. Doch das ist noch nicht das Ende der Geschichte: Nach einer in den frühen 1990er Jahren durchgeführten Restaurierung startet der Blaublüter nämlich ein zweites Rennwagenleben. Diesmal jedoch als Pacesetter bei den bekanntesten Klassiker-Rennen.
Wohlverdiente Streifen der Tricolore
Neben dem Sieg bei der Spanien-Tour und mehreren Auftritten bei der Tour Auto tritt der Ferrari auch bei zahlreichen Shell Historic Events auf europäischen Rennstrecken in Erscheinung. Wo man ihm dann nach einer Reihe von Top-Resultaten respektvoll den Kosenamen „Blue Bullet“ verleiht. Beeindruckt vom rüstigen Rentner aus Maranello, erwirbt dann 2006 der schottische Ölmagnat Larry Kinch den 275 GTB mit dem klaren Ziel, den Siegertypen noch schlagkräftiger zu machen. Gesagt, getan, wendet er sich an GTO Engineering. Dort implantiert man dann einen Ferrari Classiche-Motor mit sechsfacher Vergaserbatterie, ein knackig-kurzes Renngetriebe, leichtere Türen sowie Kolben und Nockenwellen eines 250 LM. Die urigen Originalsitze hingegen bleiben erhalten. In weiser Voraussicht stellt Kinch auch sicher, dass Original-Motor und -Getriebe samt Matching Numbers sicher aufbewahrt werden. Für den Fall, dass ein künftiger Besitzer den Wunsch äußern würde, das Fahrzeug wieder in seinen Originalzustand zurückzuführen. Der Tricolore Streifen ist ebenfalls ein Zusatz aus der Neuzeit. Er mag historisch nicht korrekt sein – doch kaum jemand wird bestreiten, dass ihn sich das Auto durch seine vielen Siege hart erarbeitet hat.
Das perfekte Ross für Frankophile
Aktuell steht der blaue 275 GTB wieder in Paris und sucht eine neue Garage. Der Verkäufer
Mécaniques Modernes & Classiques schätzt, dass es sich um den aktuell wertvollsten V12-Ferrari mit Straßenzulassung und dokumentierter Sporthistorie handelt. Auch wenn dies eine rein subjektive Einschätzung ist, muss Chassis 07765 speziell auf einen gallischen „Car Nut“ eine geradezu magische Anziehungskraft ausüben. Als Starter bei der Le Mans Classic würde man das Auto sicher mit offenen Armen begrüßen. So oder so sind wir verknallt in die franco-italienische Schönheit – das „Blaue Geschoss“ hat im kollektiven Classic Driver-Herzen einen festen Platz sicher.
Fotos: Mécaniques Modernes & Classiques / Rémi Dargegen für Classic Driver © 2016
Sie finden diesen speziellen Ferrari 275 GTB neben verschiedenen anderen zum Verkauf stehenden GTBs und GTB/4s im Classic Driver Markt.