Direkt zum Inhalt

Im Mullin Museum California werden Art Deco-Träume wahr

Im Mullin Museum California werden Art Deco-Träume wahr

Die französischen Autos und Karosserien der Art Deco-Epoche zwischen den Weltkriegen zählen zu den großen Leistungen der Automobilgeschichte. An deren Bedeutung erinnert das Mullin Automotive Museum. Unser Fotograf Rémi Dargegen hat den Zauber dieser Sammlung eingefangen.

Peter W. Mullins langjähriges und leidenschaftliches Interesse für französische Automobile aus der Epoche des Art Deco zwischen den Weltkriegen führte dazu, dass er in Los Angeles das Mullin Automotive Museum gründete. Als passionierter Sammler unterstützt Mullin auch den Pebble Beach Concours d`Elégance sowie andere hochkarätige Klassikerveranstaltungen weltweit und konnte so für die Bedeutung wichtiger französischer Automobile werben. Gleichzeitig begeisterte er auch die Jüngeren für dieses Thema. Er ist Präsident des American Bugatti Club und wurde für seine Bemühungen, französische Geschichte zu bewahren, in den Orden der Ritter für Kunst und Literatur aufgenommen. Classic Driver traf sich mit Mullin, um zu erfahren, was diesen außergewöhnlichen Mann bewegt und wie sein Museum entstanden ist.

Im Jahr 2010 gegründet als Hommage an das französische Autostyling im Geiste der Art Deco-Bewegung ist das Mullin Automotive Museum atemberaubend. Seine gewaltige Ausstellungsfläche erinnert an das Pariser Grand Palais und ermutigt Besucher geradezu, sich hautnah mit dieser fantastischen und einzigartigen Sammlung auseinander zu setzen. Wie unsere Fotos belegen, kann man erst wirklich aus der Nähe die aufwändige Detailarbeit dieser besonderen Fahrzeuge würdigen. Es handelt sich nicht um ein statisches Museum, denn viele Autos aus der Sammlung werden rund um die Welt zu Concours, Ausstellungen und historischen Rennveranstaltungen geschickt. Als wir das Museum im letzten Sommer besuchten, waren leider die Figoni & Falaschi-Autos unterwegs in Europa. Aber die Sammlung dreht sich um mehr als Automobile: man kann auch Möbel dieser Stilrichtung bewundern ebenso wie Bilder und Skulpturen. Das Museum ist bei einem Besuch in Los Angeles ein absolutes Muss, denn an kaum einem anderen Ort erfährt man soviel über eine richtungweisende Ära in der Automobilgeschichte.

Was ist Ihre älteste Erinnerung an ein Auto? Vielleicht ein Souvenir aus Ihrer Kindheit?

Das Emblem des fliegenden roten Pferdes von Mobil Oil. Mein Vater war Chemieingenieur bei Mobil Oil und nahm mich oft zu den Auto- und Bootsrennen mit, die von dem Unternehmen gesponsert wurden. Weil er Chemiker war, wollte er immer über Viskosität und Reibungskoeffizienten sprechen. „Get a life, Dad”, sagte ich dann immer. „Schau nur, wie schnell diese Dinger sind, wie sie konstruiert wurden und erst ihre Geschwindigkeit.” In seinem Beruf ging es natürlich um die richtige Viskosität des Öls für Mobil, deswegen war er so interessiert an diesen Events.

Hat das Ihre persönliche Leidenschaft beflügelt?

Zum Teil schon. Ich erkannte wie die meisten sieben- und achtjährigen Kinder bei jedem Auto auf der Straße Marke und Baujahr. So war das, wenn man sich für Autos interessierte.

Was war Ihr erstes Auto und wann haben Sie es gekauft?

 Als ich auf der High School war, habe ich ein 53er Chevy Bel-Air-Cabrio gekauft, das ich einfach umwerfend fand. Es war in Sierra Gold lackiert und hatte Zierstreifen von Von Dutch - einfach aufregend. Obwohl es schon restauriert worden war, habe ich den Motor zusammen mit einem Freund instand gesetzt. Er kannte sich mit Motoren aus und ließ mich gerne in seiner Auffahrt an dem Auto schrauben - das konnte ich von meinem Vater nicht behaupten. Wir bauten den Motor aus, nahmen ihn auseinander, setzten ihn wieder zusammen und versenkten ihn wieder im Motorraum. So lernte ich alles über Motoren. Als wir ihn das erste Mal anließen, lief er auch richtig gut, obwohl wir eine Pappschachtel voller übrig gebliebener Teilen hatten. In Wahrheit hatten wir keine Ahnung, wo diese Komponenten hingehörten, wollten uns aber auch nicht den Kopf allzu sehr zerbrechen.

Wie wurden Sie auf französische Automobile und Karosseriebau aufmerksam?

Mein Interesse wurde geweckt, als ich einen Delahaye 135 MS von Chapron sah. Ich fand, es war einfach das schönste Werk, dem ich je begegnet war. Ich hatte keine Ahnung, was es war, noch wie man Delahaye buchstabiert. Mir war nicht bewusst, dass die Franzosen vor allem vor dem Zweiten Weltkrieg in den Bereichen Engineering, Styling und Leistung führend waren. Es war ihre absolute Glanzzeit.

Wann haben Sie Ihr erstes französisches Auto für die Sammlung erworben?

Das erste Automobil aus Frankreich kaufte ich vor 35 Jahren. Es handelte sich um ein Talbot-Lago T26 Record-Cabriolet. Jim Hull und ich haben es gemeinsam restauriert. Es war so schön. Mit diesem Fahrzeug habe ich auch meine Pebble Beach-Premiere erlebt - wir wurden angenommen, zeigten das Auto und fuhren als Sieger in unserer Klasse wieder nach Hause. Und damit legte ich los!

Was sind Ihre Kriterien beim Kauf eines Automobils?

Drei Dinge: der skulpturale Wert des Designs, die Technik und die Leistung.

Neben den Fahrzeugen haben Sie sich auch auf die Malerei des Art Deco sowie auf Bildhauerei und Möbel der Bugatti-Familie spezialisiert. Wie kam das?

Natürlich waren alle diese Dinge vom Art Deco beeinflusst, aber auch Alltagsgegenstände wie Radios und Toaster. Die französischen Autos der dreißiger Jahre spielten zwar für die Bewegung eine herausragende Rolle, aber auch Bildhauerei, Möbel, Bilder und Glaswaren trugen Züge dieses Stils. Folglich möchte ich alles im Museum feiern.

Was ist Ihre Meinung zum Niedergang dieser großartigen Marken?

Obwohl eine große Zahl der Hersteller während des Zweiten Weltkriegs die Produktion einstellten, wächst doch die heutige Anerkennung dieser Leistungen stetig.

Warum ist es für Sie wichtig, dass das Museum der Öffentlichkeit zugänglich ist?

Es ist wichtig, weil ich als Sammler die Verantwortung habe, zu bewahren und zu teilen, und auch Menschen über diese Epoche aufzuklären. Das konnte nur geschehen, in dem ich das Museum öffentlich zugänglich machte. Es hat mich immer gestört, dass bedeutende Fahrzeuge quasi in der Versenkung eines Kellers verschwanden, wenn sie von einem reichen Menschen gekauft worden waren. Für mich war es nicht richtig, dass nur der ausgewählte Kreis dieses Käufers die Autos betrachten durften. Ich habe mich immer gefragt, ob man diese Automobile wirklich selbst besitzt oder sie einfach für die nächste Generation bewahrt.

Sind Sie immer noch dabei, Ihre Sammlung zu vergrößern?

Ich bin immer auf der Jagd!

Wie beurteilen Sie als Spezialist für seltene französische Fahrzeuge und Karosserien die Auktion der Baillon Collection im letzten Jahr?

Es war eine fesselnde Sammlung von unrestaurierten Fahrzeugen und hat mit Recht dieses riesige Interesse erzeugt. Ich selbst habe nichts gekauft, aber mir gefiel besonders der Hispano-Suiza, der Grandsport Talbot-Lago und ein Delahaye. Die Ergebnisse des Verkaufs waren unglaublich und zeigen, dass es immer mehr höchst willkommenes Interesse an diesen kostbaren Automobilkunstwerken gibt.

Wie würden Sie die Wertsteigerung für Klassiker aus den sechziger bis achtziger Jahren erklären und die Stagnation der Vorkriegsmodelle auf dem Markt?

Mein Ausblick ist, dass Sammlerstücke weiter an Interesse und an Wert zulegen werden, denn das klassische Automobil wird nun als Kunstwerk angesehen. Ich finde aber nicht, dass die Nachfrage nach Vorkriegsmodellen abnimmt. Im Gegenteil, sie steigen ebenso im Wert wie die Nachkriegsklassiker der sechziger und siebziger Jahre.

Was schätzen Sie so besonders an Frankreich?

Paris ist mit seinem Reichtum an Architektur, Gärten und Restaurants eine der aufregendsten Städte der Welt. Ich mag vor allem Südfrankreich, weil dort alles informeller und für Besucher einladender ist.

Wenn Sie sich nicht auf französische Autos spezialisiert hätten, welches andere Land fänden Sie bezüglich der Automobilgeschichte faszinierend?

Wahrscheinlich Italien.

Sie besitzen eine Reihe von Rennwagen in Ihrer Sammlung. Mögen Sie lieber Straßen- oder Rennfahrzeuge?

Ich liebe Touring- und Rennwagen auf Grund der Kombination von brillantem Engineering, Leistung und Ästhetik. Ich ziehe keine Kategorie der anderen vor, sondern stelle beide Aspekt in den Vordergrund. Ich bin in klassischen französischen Grand Prix-Fahrzeugen in Laguna Seca und anderswo Rennen gefahren und werde auch weitermachen.

Sie besitzen auch einige interessante Nachbauten wie beispielsweise den Voisin C6 Laboratoire. Wie viel Wert messen Sie diesen Autos zu, gerade, wenn man bedenkt, dass sie letztlich Neuwagen ohne die historische Bedeutung Ihrer anderen Stücke sind?

Wir haben hier verschiedene Nachbauten von Originalen, die im Lauf der Geschichte verloren gegangen sind. Der Voisin, zum Beispiel, besitzt tatsächlich einige Originalteile, aber Chassis und Karosserie mussten neu hergestellt werden. Mein Augenmerk liegt zwar nur auf den Originalen, aber wenn ein wichtiges Auto nicht mehr existiert, dann ergreife ich die Gelegenheit, es mit ursprünglichen Teilen rekonstruieren zu lassen.

Auf welches Auto aus Ihrer Sammlung sind Sie am meisten stolz?

Der Bugatti Type 57SC Atlantic - es ist eins von zwei Exemplaren auf der Welt und ist ein Meisterwerk Jean Bugattis. Ich liebe auch den Talbot-Lago „Goute D`Eau” von 1938.

Gibt es ein Auto in Ihrer Sammlung, das Sie gerne selbst besitzen würden?

Ja, gibt es, aber ich verrate es nicht!

Fotos von Rémi Dargegen für Classic Driver © 2016

Hier finden Sie noch mehr Informationen über das Mullin Automotive Museum.

Es gibt eine große Auswahl an Automobilen aus der Art Deco-Epoche zum Verkauf im Classic Driver Market.