Der Ursprung dieses Manta geht auf die Mitte der sechziger Jahre zurück, als der legendäre Ingenieur Giotto Bizzarrini den P538 Wettbewerbs-Prototyp entwickelte, um gegen Ford GT 40, Ferrari 250 P und Porsche 906 anzutreten. Angesichts dieser Gegner investierte Bizzarrini alle Ressourcen in das Projekt. Ein möglicher Erfolg in Le Mans schien zu verlockend - unter professionellen Gesichtspunkten, wie auch unter persönlichem Aspekt. Denn ein Sieg über Ferrari wäre ein allzu wichtiger Triumph für Bizzarrini gewesen. Giotto Bizzarrini und Enzo Ferrari trennten sich schließlich im Jahre 1961 im Unfrieden, weil sie heftige Unstimmigkeiten hinsichtlich des Unternehmenskurses hatten.
Der P538 startete 1966 tatsächlich in Le Mans. Doch er überdauerte nur eine halbe Stunde des Rennens. Ein zerfetzter Kühlschlauch katapultierte den Wagen aus dem Rennen - jedoch nicht ohne, dass der Renner zuvor eine der höchsten gefahrenen Geschwindigkeiten auf der Mulsanne Geraden erzielte. Die Enttäuschung von Bizzarrini kompensierte das kaum. Doch damit nicht genug, seine Probleme sollten unerwartet weiter wachsen: Denn eine Änderung im Reglement betraf ab sofort die teilnehmenden Prototypen. Der Hubraum wurde auf 5,0 Liter begrenzt. Damit war der bislang im P538 eingesetzte 5,4-Liter-Motor aus der Corvette hinfällig. Da die Finanzierung des Unternehmens allerdings ganz wesentlich von den Erfolgen auf der Rennstrecke abhing, war das Ende nahe.
Doch der Untergang des einen, zieht oftmals den Aufstieg eines anderen nach sich. So auch beim P538. Bizzarrinis Weggefährte Giorgetto Giugiaro schuf nach Jahren bei Bertone, Fiat und Ghia gerade das Büro „Italdesign“. Giugiaro benötigte eine Plattform für sein erstes eigenes Fahrzeugprojekt und Bizzarrini suchte dringend Liquidität. Also reichte er Chassisnummer 3 des P538 an Giugiaro weiter - inklusive des Corvette Motors und der Entwicklungspläne. So lief das damals. Am 13. Februar 1968 wurde dann Italdesign aus der Taufe gehoben und als Deadline für das neue Projekt wurde der Turiner Automobilsalon auserkoren. Somit blieben exakt 40 Tage, um aus dem überzähligen und vergessenen Chassis einen Show-Stopper zu schaffen.
Sollte es ein Merkmal geben, welche großartige Macher von bloß guten unterscheidet, dann ist es die Fähigkeit, unter immensem Druck zu arbeiten. Obwohl das Zeitfenster unsagbar knapp war, präsentierte der 28-jährige Giugiaro tatsächlich fristgemäß ein neues Fahrzeug in Turin. Einen wahren Keil: den Manta. Benannt nach dem Manta Rochen - eine Hommage an das flache und aggressiv wirkende Profil dieses Fisches. Es war der weltweit erste GT, der von Front bis Heck nur eine Linie zitierte. Ohne Brüche und Knicke, ungemein konsequent. Das Ergebnis beinhaltete allerdings auch eine Frontscheibe, die mit einem Winkel von nur 15 Grad praktisch auf dem Vorderwagen lag. Die hieraus resultierenden Sichtprobleme waren Giugiaro wohl bewusst. Er konstruierte ein geniales Lamellensystem, welches sich bei langsamen Geschwindigkeiten öffnen ließ, um eine andere Blickachse zu ermöglichen. Bei höheren Geschwindigkeiten wurde das Lamellenschott hingegen geschlossen, um die Aerodynamik zu optimieren.
Der tief liegende und breite Auftritt des Manta untermauert den Anspruch des Supersportwagens. Gleichzeitig gewährte die Fahrzeugbreite den Designern Gestaltungsfreiheit im Innenraum. Man entschied sich für eine dreisitzige Konfiguration mit zentralem Steuerplatz - vielleicht in Anlehnung an den Ferrari 365 P von Pininfarina. Als Zugeständnis erforderte diese Konfiguration allerdings eingeschränkte Beinfreiheit für die Beifahrer. Der Fahrer indes konnte die Weite des Raumes genießen. Die tief ins Cockpit ragende Lenksäule war bereits so angelegt, dass sie bei einem Aufprall nachgab.
Der Manta erfüllte seine Mission. Er jagte auf den Automessen der Welt nach Aufmerksamkeit und entpuppte sich dabei als effektives PR-Instrument für Italdesign. Auf einer Reise von Los Angeles zurück nach Europa ging das Fahrzeug allerdings im Jahre 1969 verloren. Zehn Jahre später tauchte es bei einer Auktion auf. Danach blieb es in Europa, bevor es zurück in die USA wanderte - als Concours-Teilnehmer mit einem Erfolg in Pebble Beach. Nun soll der legendäre Manta bei der kommenden Auktion von Gooding & Co. i Monterey zum Aufruf kommen. Die ambitionierte Taxe liegt dabei zwischen einer Million und 1,5 Millionen US-Dollar. Der Käufer wiederum kann sich gewiss sein, einen echten Meilenstein des seinerzeit revolutionären Automobildesigns zu erwerben. Der Manta legte nicht nur den Grundstein für Italdesign, er gilt zudem als eines der wichtigsten Konzeptfahrzeuge der Epoche.
Fotoquellen: Mathieu Heurtault für Gooding & Company / Schwarz-Weiß-Bilder: Italdesign