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Squadra Corse on Ice: Farewell-Fahrt mit dem letzten Lamborghini Gallardo

Squadra Corse on Ice: Farewell-Fahrt mit dem letzten Lamborghini Gallardo

Vor zehn Jahren startete der Lamborghini Gallardo – und in Sant’Agata Bolognese begann eine neue Zeitrechnung. Nun wird der erfolgreichste Lamborghini aller Zeiten abgelöst. Wir haben eine Abschiedsrunde mit seiner letzten und radikalsten Inkarnation, dem Gallardo LP 570-4 Sqadra Corse, gedreht.

Am Ende überkommt uns doch ein bisschen Wehmut: Was haben wir mit dem Gallardo nicht alles erlebt.

Am Ende überkommt uns doch ein bisschen Wehmut: Sich ein letztes Mal in die Rennsitze winden, ein letztes Mal das Urviech von einem Zehnzylinder aufbrüllen lassen, ein letztes Mal das griffige Alcantara-Lenkrad zwischen den Fingern spüren, während nervös die Drehzahlnadel zuckt. Was haben wir mit dem Gallardo nicht alles erlebt? Mit dem ersten und puristischsten Modell sind wir 2005 durch endlose Hamburger Nächte gebraust und konnten kaum fassen, wie einfach sich ein Lamborghini plötzlich fahren ließ. Mit einem kokainweißen Gallardo Spyder haben wir Miami Beach unsicher gemacht, am Steuer des ersten Gallardo Superleggera die Wüste von Arizona zum Beben gebracht und im Gallardo LP 570-4 Super Trofeo die Rennstrecke auf die Straße geholt. Die gesamte Redaktion war dem „kleinen Stier“ verfallen – so kompromisslos, kantig und charismatisch. 

Requiem für einen V10

Der letzte Gallardo ist gleichzeitig der radikalste: Abgeleitet vom Rennwagen aus dem Markenpokal Super Trofeo, ist der LP 570-4 Sqadra Corse auf seine Essenz reduziert: Leichtbau und Komfortverzicht für 1.370 Kilo Kampfgewicht, dazu 570 PS, eine Motorhaube mit Schnellverschlüssen und ein gigantischer Spoiler, der für dreifachen Abtrieb sorgt. Zumindest theoretisch – denn die Schweiz liegt unter einem Teppich von Neuschnee, Eiskristalle tanzen in der Luft, der Nebel begrenzt die Sicht, man sieht nicht weiter als bis zur nächsten Kurve. Hier noch einmal den Stier rauszulassen wäre wohl trotz Allradantrieb und Winterpneus keine gute Idee, also üben wir uns in Mäßigung – und nutzen unsere Fahrt in Richtung Hades für ein mentales Requiem (auf den dazugehörigen Wolfgang Amadeus müssen wir wegen fehlender Sound-Anlage verzichten). 

Der letzte seiner Art?

Der erste Entwurf von Luc Donckerwolke war ein Manifest der klaren Kante, die Quadratur des Keils. Dann kam – wie so oft in der Geschichte Lamborghini – so manches dazu. Die Namen wurden länger, die Spoiler größer, und am Ende der Karriere konnten selbst die Schulbuben von Sant’Agata nicht mehr alle Gallardos auseinanderhalten. Nach zehn langen Jahren und – man muss es einmal sagen – einigen Sondermodellen zu viel ist es nun Zeit für die Ablösung: Der störrische Stier ist zwar noch immer so brutal und kompromisslos wie zur ersten Stunde, doch mit der spielend leichten Fahrbarkeit und Alltagstauglichkeit eines Ferrari 458 Italia oder McLaren 12C kann der eigenwillige Gallardo nicht mehr mithalten. Im März 2014 steht in Genf der neue Lamborghini, er wird der Konkurrenz sicherlich wieder die Hörner zeigen. Wir genießen derweil noch ein letztes Mal das raue und ungestüme Lamborghini-Erlebnis – vielleicht ist es ja das letzte dieser Art.  

Fotos: Jan Baedeker

Zahlreiche klassische und moderne Lamborghini stehen in Classic Driver Markt zum Verkauf.