Obwohl das Unternehmen erst 1980 gegründet wurde, hat Egidio Brandoli zuvor über 20 Jahre an der Seite des großen Designers und Ferrari-Karosseriebauers Scaglietti gearbeitet und umfassende Erfahrungen über die Konstruktion der Ferrari-Körper gesammelt. Dieser Hintergrund und diese Expertise sind der Grund, weshalb die Werkstatt Brandoli heute für einzigartige Restaurierungen bekannt ist. Denn wer könnte die Karosserieteile eines Ferrari 250 GTO besser instandsetzen, als der Mann, der sie damals gefertigt hat? Über die Jahre hat Egidio Brandoli auch seinen Sohn Roberto in die hohe Kunst eingeführt und mit ihm die Geheimnisse aus Maranello geteilt. Wir hatten das Glück, dass Vater und Sohn gerne bereit war, uns an diesem besonderen Wissen teilhaben zu lassen.
Was sind Ihre frühesten Erinnerungen an ein Automobil?
Egidio Brandoli: Ich wurde 1940 in Castelnuovo Rangone geboren, einem Ort etwa fünf Kilometer von Maranello entfernt, und schon im Alter von 13 Jahren habe ich in einer Karosseriewerkstatt assistiert. Immer wieder fuhren bestimmte Autos in der Straße vorbei. Mir gefiel das Grollen ihrer Motoren. Man sagte mir: „Das sind Ferraris.” Ich hatte keine Ahnung, was ich mir darunter vorstellen sollte. Dann tauchte eines dieser Exemplare in der Werkstatt auf, weil es ein Problem mit dem Dämpfer gab. Mir war sofort klar, dass dieses Auto etwas ganz besonderes ist.
Roberto Brandoli: Meine frühesten Erinnerungen rund um Autos reichen zurück in die 1970er Jahre und haben mit dem Fiat 600 und Fiat 128 Rally meines Vaters zu tun, die beide rot lackiert waren. Wenn wir mit unserem Vater unterwegs waren, haben wir immer gebettelt, dass er in den Kurven die Reifen quietschen lässt – es war Musik in meinen Ohren!
Egidio, wie kam es, dass Sie die Chance erhielten, bei Scaglietti zu arbeiten?
Egidio: Als ich noch ein Teenager war, ging ich in meiner Militäruniform zu Sergio Scagliettis Haus. Ich hatte Urlaub und nur noch drei Monate Militärdienst vor mir. Er musterte mich von oben bis unten und antwortete: „Wenn Sie Ihre Dienstzeit abgeschlossen haben, stelle ich Sie ein.” Mit 18 Jahren fing ich bei Scaglietti an – und ich war voller Tatendrang und Energie.
Wie war es, dort zu arbeiten?
Dort zu arbeiten wie auch das gesamte Leben mit der Scaglietti-Familie war wie ein einziger Adrenalinschub. Zumal wir oft genug in Berührung kamen mit dem großen Mann Enzo Ferrari höchstpersönlich, der die Gewohnheit hatte, an zwei oder drei Abenden in der Woche vorbeizuschauen, um zu sehen, wie die Arbeit voranging. Ich habe mit Menschen zusammenarbeiten dürfen, die mich beruflich und menschlich enorm bereichert haben.
Roberto, waren Sie vom Beruf Ihres Vaters beeindruckt, als Sie heranwuchsen?
Roberto: Ab und an habe ich ihn zu Scaglietti begleitet. Ich mochte die Atmosphäre an diesem Ort, den Geruch des Stahls, des Aluminiums und des Schweißens und die Geräuschkulisse der Werkstatt. Man spürte unmittelbar den Enthusiasmus, mit dem er und seine Kollegen sich diesen Ferraris widmeten. Das war in den 1970er-Jahren, als ich ungefähr acht Jahre alt war und noch keine Ahnung hatte, welche Hochachtung man der Marke Ferrari entgegenbrachte. Einige Jahre später habe ich das dann begriffen.
Egidio, was hat Sie veranlasst, Ihre eigene Werkstatt zu eröffnen?
Egidio: Ferrari begann, die Zusammenarbeit mit Scaglietti zu reduzieren, weil das Unternehmen in die Produktion eigener neuer Fahrzeuge investierte und zunehmend auf automatisierte Herstellungsprozesse setzte. Meine Leidenschaft galt der Restaurierung, deswegen habe ich mich für diesen Weg entschlossen. Arbeit gab es in diesem Bereich genug und ich hatte enge Verbindungen mit Autobesitzern geknüpft, so dass ich 1980 meine Restaurationswerkstatt in Montale Rangone eröffnen konnte. Ein Mensch war dabei sehr wichtig, sogar ganz wesentlich, nämlich meine Frau, die ich 1965 geheiratet hatte. Wir haben jahrelang zusammengearbeitet – sie führte das Büro und ich war in der Werkstatt. In jenen Tagen hat sich mich unterstützt. Heute erträgt sie mich!
Wie zeigt sich die Brandoli-Philosophie beim Restaurieren eines Automobils?
Roberto: Es ist unsere Aufgabe, die Geschichte, die von jedem Auto verkörpert wird, zu erhalten und dessen Schönheit zu unterstreichen. Sehr oft werden klassische Ferraris bei uns angeliefert, die eine schwer beschädigte Karosserie aufweisen – Blech, das dem Zahn der Zeit nicht standgehalten hat – und wir bauen die verschiedenen Komponenten wieder neu auf. Jeder aufwändige Prozess beginnt mit einem Metallblech. Es ist hochqualifizierte Arbeit, die sehr viel Geduld und Erfahrung erfordert. Zu unserer Philosophie gehört, die Teile zu sanieren, die uns erhaltenswert erscheinen. Wenn möglich, schlagen wir den Besitzern vor, bestimmt Elemente am Auto zu belassen, auch wenn sie nicht perfekt sind. Um schön zu sein, braucht es keine Perfektion.
Egidio, ist es Ihnen wichtig, die nächste Generation zu lehren, wie man authentisch klassische Automobile restauriert?
Egidio: Junge Menschen zu unterrichten ist mir ein fundamentales Anliegen. Die Schwierigkeit in der Arbeit eines Restaurators – und das gilt sicherlich auch für andere handwerkliche Bereiche – besteht darin, die Kenntnisse zu erweitern, die aus einem Mix aus allgemeinem Know-How und präzisen Techniken wie Dengeln, Schweißen und anderen Anwendungen besteht, die man mit der Zeit vervollkommnet. Wenn diese Vorstellungskraft nicht gegeben ist, gibt es ein Problem. Ich habe mit vielen jungen Leuten gearbeitet. Ich schätze ihr Engagement und ihre Bereitschaft zuzuhören, weil es für jeden Menschen immer etwas zu lernen gibt. Man kann es mit der Arbeit in einem OP vergleichen – es erfordert Konzentration, Geduld und Disziplin. Einige große Projekte können bis zu zwei, drei Jahre in Anspruch nehmen: mit Phasen der Recherche, des Zusammentragens von Informationen aller Art, auch Menschen zuzuhören, die etwas über die Besonderheiten eines bestimmten Modells wissen könnten, und dann letztlich alle diese Ergebnisse in Einklang zu bringen, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Roberto, wann fingen Sie an, mit Ihrem Vater zu arbeiten?
Roberto: Als Kind war ich oft in der Werkstatt, um meinem Vater zu helfen. Rennwagen fand ich besonders interessant. Im Jahr 1981 habe ich meinen Abschluss an Ferraris technischem Institut in Maranello gemacht und legte sofort in unserer Werkstatt los. Der Perfektionismus meines Vaters hat meine eigene Entwicklung sehr beeinflusst. Es ist diese Präzision und die ausgeprägte Neigung meines Vaters, die Dinge gut und richtig zu fertigen, die unsere Firma von allen anderen unterscheidet.
Egidio, wie ist die Zusammenarbeit mit Ihrem Sohn?
Egidio: Die Arbeit mit ihm erfüllt mich mit immenser Zufriedenheit. Er ist die Zukunft von Brandoli.
Wie gestaltet sich die Zukunft von Brandoli?
Egidio: Roberto leitet das Unternehmen seit über zehn Jahren und ist bemüht, es immer wettbewerbsfähiger zu machen. Er hat einige wichtige Entscheidungen getroffen wie beispielsweise die Einrichtung eines automatischen vertikalen Warenlagers, um Ersatzteile zu speichern. Ich hielt so etwas ursprünglich nicht für notwendig, aber als ich es auf unserem Gelände in Aktion sah, habe ich verstanden, dass es unseren Kunden einen verbesserten Service bietet. Das Management so eines Unternehmens wird sich in Zukunft sicher verändern. Aber ich glaube, dass sich der Beruf des Restaurators kaum von heute unterscheiden wird – der Fokus liegt weiter auf Erfahrung, Klugheit und handwerklichen Fertigkeiten.
Gibt es ein Auto, das bei Brandoli restauriert wurde, auf das Sie besonders stolz sind?
Egidio: Jedes restaurierte Auto erfüllt einen mit Stolz – es ist wie unser Fleisch und Blut. Es tut mir immer leid, wenn die Autos unsere Werkstatt wieder verlassen. Während wir uns mit ihnen beschäftigen, schwitzen wir und mühen uns ab. Aber wenn sie dann in neuem Glanz erstrahlen, kann man die Gefühle kaum in Worte fassen!
Gibt es ein Modell, an dem Sie noch gearbeitet haben und das Sie unbedingt restaurieren möchten?
Egidio: Ja, der Ferrari 250 LM und der Ferrari 250 TR von 1957. In meinen ersten Jahren bei der Carrozzeria Scaglietti verfolgte ich dort, wie sie repariert wurden.
Welcher Ferrari ist in Ihren Augen der schönste, der je entworfen wurde?
Egidio: Fraglos der Ferrari Dino 246.
Roberto: Der Ferrari 250 GTO von 1964, der Ferrari 250 SWB und der Dino SP.
Unabhängig vom Kostenfaktor: Was wäre Ihr persönliches Traumauto?
Egidio: Da muss ich nicht lange überlegen: der Ferrari 365 GTB Daytona Spider. Als Aufgabe für eine Restaurierung würde mich der Daytona 365 GTB/4, der kürzlich in Japan wiederentdeckt wurde, faszinieren. Wir haben ihn 1969 bei Scaglietti gefertigt, und es wäre für mich ein großes Glück, ihn wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu verwandeln.
Roberto: Ein Ferrari Dino 206 SP.
Was fahren Sie am Wochenende?
Roberto: Ich liebe meinen Alfa GT Junior von 1968!
Photos: Rémi Dargegen for Classic © 2017