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Diese 10 Autos hätten wir bei der Rétromobile am liebsten gekauft

Diese 10 Autos hätten wir bei der Rétromobile am liebsten gekauft

Passion prägt die Rétromobile – hier bekommt unsere Leidenschaft eine große Bühne. Deswegen haben wir auch eine Liste unserer 10 Favoriten zusammengestellt, die von einem der begehrtesten Vorkriegs-Bugatti bis zu einem kuriosen, nie gebauten Transportmittel von Lamborghini reicht.

Schaf im Wolfspelz

Ein fast den Boden touchierenden Splitter, ein gewaltiger Heckflügel, die vertrauten Farben weiß, blau und rot – als wir uns diesem BMW M1 bei Dylan Miles Ltd mit großen Augen näherten, dachten wir: ein voll entwickeltes Procar! Falsch. Es handelt sich hier um ein straßenzugelassenes Modell, das zwar den kompromisslos auffälligen Procar-Trimm trägt, aber allen Komfort einer BMW 6er-Reihe birgt. „Der zweite Besitzer war ein BMW-Händler, der die Werks-Karosserie modifizieren und eigens einen BBS-Räder fertigen ließ, um den Procar-look zu erzeugen“, erzählt Miles. Aber denken Sie jetzt nicht, dass dieser Hund nur bellt und nicht beißt. „Dieser BMW hat einen Sportauspuff und die passenden Ansaugtrichter, folglich ist er richtig schnell und heult wie eine Bestie auf, wenn man Gas gibt.“ Bleibt eigentlich nur die Frage, wie man verdutzten Passanten erklärt, dass man nicht mit einem veritablen Rennwagen ins Büro fährt.

Mille Miglia 

Aston Martin DB4GT Zagato, Ferrari 275 GTS, Lancia Aurelia B24 Spider America – einen persönlichen Favoriten aus dem Angebot vom Kidston SA-Stand zu wählen, glich dem Versuch, ein Lieblingsbein zu benennen. Nicht einfach. Hätten wir einen Sechser im Lotto gewonnen, dann wären wir mit dem Ferrari 250 MM von Paris nach Hause gefahren. Nicht nur, dass dieser „Mille Miglia“ seltener auftaucht, als seine illustren Nachfahren, aber er ist in dieser Understatement-Farbe Grigio auch eine Schönheit. Das Auto wurde neu an den erfolgreichen italienischen Unternehmer Dottore Enrico Wax verkauft, dessen Firma Alkohol importierte. Dieser Herr war auch guter Freund von Enzo Ferrari. Vielleicht weil er mit dem Lieblings-Scotch des Commendatore – Johnnie Walker – handelte. Wer weiß?

Auf eine Zigarette

Der blaue Dunst wird zunehmend geächtet, aber in seinen besten Tagen verdanken wir ihm einige der markantesten Stallfarben. Wie dieser ansprechende Lancia Stratos, der in Paris von William I'Anson gezeigt wurde, überzeugend belegt. Als dritter Serien-Stratos wurde er neu an Philip Moris verkauft – das Unternehmen ließ ihn prompt in den unverkennbaren Marlboro-Farben einkleiden und setzte ihn bei verschiedenen Events ein, um die Partnerschaft des Tabakkonzerns mit dem Werksteam von Lancia zu bewerben. Dieses Exemplar, Chassis Nummer 1003, fungierte sogar als Safetycar beim Giro d`Italia in Misano 1975. „Er verkörpert den Übergang vom Prototyp zum Serienwagen“, erläutert I´Anson, „und deswegen besitzt er auch eine Reihe von Eigenheiten. Wir vermuten, dass er der allererste Stratos mit einem am Dach montierten Flügel ist und kurioserweise hat er zwei linke Außenspiegel.“ Aber nicht zwei linke Füße, denn der Stratos mit dem kleinen Radstand gewann dreimal die Rallye-Weltmeisterschaft.

Das schnellste Kunstwerk

Vor 25 Jahren gewann eine Maschine, die als größter Supersportwagen für die Straße entworfen wurde, auch das größte Rennen der Welt. Die Rede ist natürlich vom McLaren F1 und seinem sensationellen Debüt in Le Mans in 1995, als das dreisitzige Supercar unfassbar den ersten, dritten, vierten, fünften und 13. Platz errang. Das damalige Siegerfahrzeug war zwar auch auf der Rétromobile ausgestellt, aber es war die Gegenwart von Chassis Nummer 05R, die bei uns jedes Mal Herzklopfen verursachte. 

Das Auto wurde in Le Mans von seinem Besitzer, dem französischen Industriellen Jean-Luc Maury-Laribière sowie Marc Sourd und Hervé Poulain gefahren. Gerade letzter errang als Schöpfer des gefeierten BMW Art Car-Projekts Berühmtheit. Weil der F1 von einem BMW-V12 angetrieben wird, war es die perfekte Gelegenheit, den GTR quasi als leere Leinwand anzubieten. Der französische Bildhauer César entwickelte ein an Gigers Kunst erinnerndes Design, das Poulains Le Mans-Trophäen aus den siebziger und achtziger Jahren abstrahierte. Dieses Werk ist auch heute noch unberührt an dem Auto zu bewundern. Bei einer Artcurial-Auktion 2010 wurden für diesen McLaren F1 bis zu 1,8 Millionen Euro geboten, aber er erreichte nicht seine Reserve. Angesichts der astronomischen Summen, die F1 heute erzielen und die außerordentliche künstlerische Provenienz dieses Fahrzeugs, dürften sich damalige Bieter immer noch über ihren fehlenden Mut ärgern.

Ein Hoch auf den Underdog

Sie fragen sich, wie es nur möglich ist, dass ein Renault Fuego in dieser Liste auftaucht? Zunächst schlicht aus Sympathie für dieses hübsche alte Ding, dass in diesem Jahr 40 Jahre alt wird: Selten haben wir so viele Menschen erlebt, die sich über ein Auto mokierten, wie auf der Rétromobile. Wir mussten einfach Partei für dieses eigenwillige Coupé ergreifen. Außerdem handelt es sich hier um einen für den US-Markt spezifizierten Fuego Turbo mit einem atemberaubend in braunem Velours ausgekleideten Interieur. 

„Wir hatten ziemlich viel an dem Auto verändert, um es für amerikanische Kunden schmackhaft zu machen, und am eigenartigsten war dabei der Passagierraum“, bemerkt Hugues Potron, Chef von Renault Classic. „Diese Sitze wären nie eine Option für Frankreich oder Europa gewesen, aber Amerikaner waren absolut verrückt nach Nußbraun. Es waren die achtziger Jahre!“ Renault bewarb den Fuego als Porsche 924 für Jedermann – eine Ambition, die man so nicht einlösen konnte. Zum einen war der Heckantrieb nicht wirklich überzeugend und fehlende Leistung und Verlässlichkeit taten ein Übriges. „Vor allem in Frankreich lachte man über den Fuego, leider auch ich“, erinnert sich Potron. „Aber im Lauf der Zeit entdeckt man in diesem Auto einen gewissen Charme.“ Wir sind ganz seiner Meinung. Wir hätten ganz gerne so ein Exemplar, aber natürlich nur in Nussbraun.

Ein Bentley auf zwei Rädern

Unglaublich, aber wahr: Vor fünf Jahren war diese glänzende „fabrikneue“ Vincent Black Prince, die von unserem guten Freund Graeme Hunt ausgestellt wird, eine große Schachtel voller Teile. „Der bekannte British Touring Car-Ingenieur und führende Vincent-Retter Mick Cook machte sich eigenhändig an die Restaurierung dieser Maschine. Ich kann Ihnen gar nicht erklären, wie grandios er diese Herausforderung gemeistert hat“, schwärmt Hunt. „Wahrscheinlich das beste Exemplar, das es gibt, aber es gibt sowieso nur wenige dieser Vincent-Motorräder.“ Er hat recht, denn nur 132 Black Prince, die als „Bentley auf zwei Rädern“ konzipiert wurden haben damals das Werk in Stevenage verlassen. Ein beachtliches Stück Metall, wenn man es hautnah erleben darf. Größe und Wucht lassen nicht vermuten, dass dieses Bike von 1956 über eine atemberaubende Leistung verfügte. Wir ahnen wohin die Fans des kühn verrückten Black Prince-Rennfahrers Rollie Free an diesem Wochenende pilgern werden.

Popart!

Dieser Porsche 911 GT2 von 1998 hat es nicht nur wegen seiner verrückten Farben auf unsere Liste geschafft, sondern weil er von dem deutschen Popart-Künstler Peter Klasen so gemalt wurde, als würden sich unter einem blauen Baldachin kräftige rote Streifen verbergen. Aber nicht nur die Optik zählt. Dieses Auto wird auch wie ein Nationalheld in Frankreich verehrt. Gael Regent von Historic Cars, der das Auto anbietet, hat die Geschichte parat: „Eine Prominenz in Frankreich. Es wurde von Peter Klasen bemalt, von Sonauto angemeldet und in Rennen von der Legende Jean-Pierre Jarier gefahren. Außerdem hat es 1999 die FIA GT-Meisterschaft gewonnen.“ Interessant ist, dass es zwei Exemplare dieser Klasen-Porsche gab. Das erste scheiterte in Le Mans 1998, ehe dieses sofort einspringen musste. Der Besitzer hatte die Voraussicht, Karosserieteile des verunfallten Elfers zu behalten und so können sie heute zusammen mit diesem Auto ausgestellt werden. Was für ein Kunstwerk für die Wände des Arbeitszimmers!

Es war einmal…

Als jemand, der damit aufwuchs, dass Michael Schumacher gefühlt jedes Formel 1-Rennen in seinem roten Einsitzer dominierte, musste ich einfach diesen Champion in die Liste aufnehmen: Der allererste Ferrari an dessen Steuer dieser große deutsche Fahrer saß. Als Star auf dem Stand von Girardo & Co. Wurde der Ferrari 412 T2 mit der Chassisnummer 157 von Schumacher im November 1995 in Fiorano getestet, unmittelbar nachseinem abrupten Abgang von Benetton. Um sich vorstellen zu können, was diese Nachricht damals bei Italienern auslöste: Gut 2.000 Schaulustige waren nach Maranello geeilt, um zu erleben, wie dieser 26-jährige den roten Nationalstolz bewegte. Es waren nur sieben Runden, aber in dieser kurzen Zeit stieg bereits die Ahnung des künftigen einmaligen Erfolges auf. Schumacher inspirierte ein Dreamteam, mit dessen Unterstützung er im Lauf von elf Seasons unzählige Rennen und noch nie dagewesen sieben Mal mit der Scuderia Ferrari die Formel 1-Fahrerweltmeisterschaft holte. Und mit genau diesem Auto begann dieses schöne Märchen.

Seiner Zeit voraus

Im Jahr 1988 fand Bertone, dass Personentransporter dringend aufgepeppt werden sollten. Welcher Jugendlicher mag schon vor der Schule einem Renault Espace entsteigen? Nach gut 30.000 Stunden, die in Forschung und Entwicklung investiert worden waren, war der irgendwie tropfenförmige Van Genesis bereit für die Automesse in Turin. Der Genesis unterschied sich vom Countach wie Tag und Nacht, aber das Design war durch und durch von der Space Age durchströmt – stromlinienförmige Karosserie, riesige Flügeltüren vorne und Schiebetüren hinten und mit einem modular angelegten Innenraum, der auch in Captain Kirks Raumschiff Enterprise  gepasst hätte. Und nicht zu vergessen: ein über 455 PS starker V12 aus dem Countach unter der Fahrgastzelle. „Sie müssen Bertones spezifischen Designansatz verstehen, um die Bedeutung des Genesis zu würdigen“, erläutert Marco Rodda vom Automotoclub Autostorico Italiano, der dieses Auto zusammen mit zehn anderen kaum bekannten Bertone-Prototypen an der Rétromobile vorstellte. „Er hatte das Talent, von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus zu verstehen, wonach der Markt verlangte. Wie Sie heute beobachten können, sind leistungsstarke Luxusvans en vogue. Der Genesis war wirklich seiner Zeit weit voraus.“

Agnellis Wahl

Wahrscheinlich besitzen nur Italiener das Gen, eine funktionale Pistenraupe mit den Attributen eines Sportwagens auszustatten. Aus einer Reihe von europäischen, exzentrischen Gefährten, die der amerikanische Sammler und Händler Stuart Parr ausstellte, sticht dieser fantastische Prinoth von 19976 hervor. Er hätte auch Gianni Agnelli als Transportmittel, um seine Gäste zu entlegenen Hängen oberhalb von St. Moritz zu chauffieren, sehr gut gefallen. „Ich entdeckte ihn völlig entlegen in Ancona und habe ihn in Italien restaurieren lassen“, erzählt uns Parr mit Zigarette im Mundwinkel von seinem Platz auf dem mittleren Klappsitz aus. „Der Prinoth hat Rosshaarsitze und ist wunderschön. Gerade die kleinen Details gefallen mir besonders gut wie beispielsweise die Art wie die Metallleisten um die Kabine herumgezogen wurden.“ Parr ist auch von Firmengründer Ernesto Prinoth fasziniert, einem Gentleman Racer, dem es gelang, seine Ferrari GTO regelmäßig spektakulär zu Bruch zu fahren. „Er hat unzählige Bergrennen gewonnen, aber zugleich existieren Fotos, die seine gecrashten Autos zeigen, die an Ziehharmonikas erinnern.“

Perfekte Patina 

Ja doch, Sie haben richtig gezählt: Es sind elf Autos in dieser Liste. Aber Sie sehen uns das vielleicht nach, wenn wir Ihnen den letzten Favoriten verraten, ein Solitär: der einmalige Bugatti Type 59 Sports. Dieses wirklich atemberaubend ursprünglich Automobil ist das Highlight von Gooding & Companys „Passion of a Lifetime“-Auktion, die am 1. April im Londoner Somerset House stattfinden wird. Wir hatten das große Vergnügen, mit Gründer David Gooding auf der Rétromobile über diesen wundersamen Bugatti zu sprechen. „Er war zunächst ein Grand Prix-Rennwagen und übrigens einer der erfolgreicheren Type 59. Und zwar so überzeugend, dass er vom Werk behalten wurde“, erzählt Gooding. „Als man bei den Grand Prix-Rennen nicht mehr mit den Italienern und Deutschen mithalten konnte, baute Bugatti das Fahrzeug für Sportwagenrennen um. Im Rahmen der Umwandlung wurden Radkästen angebracht, Scheinwerfer, diese winzigen Türen und ein Armaturenbrett. Dieser Bugatti besitzt auch eine einmalige Zündsequenz, die das Fahrerlebnis angenehmer macht sowie ein sonderangefertigtes Trockensumpfgetriebe.“

„Im Jahr 1938 wurde das Auto in schwarz mit einem gelben Streifen lackiert und an König Leopold III. von Belgien verkauft, der den Type 59 wie ein Schatz über Jahre hütete. Heute befindet es sich letztlich in dem Zustand, als er es kaufte. Ein Umstand, den man den späteren Besitzern verdankt.“ Die Patina, die diesen Bugatti umschmeichelt, kann man einfach nicht fälschen. Er nimmt einen in seinen Bann und man steht da und staunt wie ein Kind. „Wir haben immer betont, dass wir nur dann eine Versteigerung außerhalb der USA abhalten, wenn wir auch etwas ganz Besonderes für diesen Markt bereithalten“, resümiert Gooding. Dieser magische Type 59 ist nichts weniger als ein Juwel unter den Vorkriegs-Automobilen.

Fotos: Mathieu Bonnevie für Classic Driver © 2020 

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