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Bei Redline Automotive Restaurations steigen große Klassiker aus einem Jungbrunnen

Bei Redline Automotive Restaurations steigen große Klassiker aus einem Jungbrunnen

Unzählige Firmen sind zur Stelle, um Ihren Klassiker zu restaurieren, aber nur wenige besitzen die umfassende Expertise, die nötig ist, um ein historisches Auto in den authentischen, „fabrikfrischen“ Zustand zu versetzen, der auch bei Concours überzeugt. Zum Beispiel Redline Automotive Restorations.

In einem großartigen Bau aus den dreißiger Jahren, in dem einst ein Ford- und Lincoln-Händler in der Hafenstadt Back Rock im US-Bundesstaat Connecticut residierte, liegt der Firmensitz von Redline Automotive Restorations, die sich im Lauf der letzten 17 Jahren in den USA und darüber hinaus einen Ruf für hochwertige und preisgekrönte Restaurierungen von Blue Chip-Klassikern erworben haben. Von Colton Amster gegründet, wuchs das Business, um heute eine florierende Verkaufsabteilung zu beinhalten. Dank einer neuen, exquisit renovierten Fläche von rund 11.000 Quadratmeter kann die Firma auch eine Reihe von Services rund um die Restaurierung anbieten wie beispielsweise die in-house-Herstellung von Ersatzteilen, anspruchsvoller Wartung, Sattlerei, Lackiererei und Lagermöglichkeiten. Während seiner amerikanischen Odyssee hat Rémi Dargegen auch Redline besucht und mit Amster darüber gesprochen, wie man sich einen Namen in einer Sparte macht, die heute ein hart umkämpfter Markt ist.

Was sind Ihre frühesten Erinnerungen ans Auto?

Zu meinen frühesten Erinnerungen zählen die Besuche von Car Shows in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren, als Vorkriegs-Fahrzeuge, elektrische Kutschen der Jahrhundertwende und selbstfahrende Kutschen die Szene beherrschten. Nach den Schauen habe ich zuhause immer mit einem Tretauto aus Stahl gespielt, das ich von zwei Generationen von Autoenthusiasten geerbt habe. Als Antriebsverknüpfung diente mir ein Schuhband. 

Wie kam es zur Gründung von Redline und was steckt hinter dem Namen?

Im reifen Alter von 15 Jahren wurde ich offiziell in die Autowelt eingeführt, weil ich in der Restaurierungswerkstatt meines Vaters aushalf. Jahre später, nachdem wir in einer Gegend arbeiteten, die vor allem als Sommerurlaubsziel bekannt war, beschlossen wir, nach Connecticut umzusiedeln. Abgesehen von der dortigen Autokultur war es in Connecticut eben auch möglich, das ganze Jahr über Aufträge zu bekommen.  

In der Übergangsphase arbeiteten mein Vater und ich für einen bekannten Autosammler. Wir haben bei einigen lokalen Shows gewonnen, man wurde auf uns aufmerksam und schließlich wuchsen meine 60-Stunden-Wochen auf 100 und mehr an. Ehe es mir richtig bewusst wurde, parkten die Fahrzeuge, an denen etwas zu machen war, in einer Linie rund um den Block. Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass meine kleiner Nebenverdienst ein Eigenleben entwickelt hatte. An einem Abend kurz danach trafen sich mein Vater und ich wie immer zu unserem Dinner vor einem dramatischen alten Poster eines führerlosen Zugs, das er viele Jahre zuvor gekauft hatte. Am oberen Bildrand prangte der Name „Red Line“ – wie waren beide wie von einer Lokomotive getroffen und es machte Sinn! Damit hatte unsere knapp 140 Quadratmeter große Werkstatt ihren Namen gefunden. 

Die Bandbreite der hier versammelten Autos ist beeindruckend. Was sind Ihre Kriterien?

Vielen Dank! Ganze Generationen von Enthusiasten engagieren sich jetzt auf einem Feld, das einst nur die Domäne von Großvater und seinem Klassiker war. In unserer Zeit haben sich die „Kriterien“ der Restaurations-Werkstätten enorm liberalisiert – von der Instandhaltung von Opas ganzem Stolz bis hin zur anspruchsvollsten Modifikation und Erhaltung oder Wertmaximierung eines Fahrzeugs, das versteigert werden soll. Wir sind stolz auf unserer Fähigkeit, uns anpassen zu können. Sagen wir so, wir beherrschen die Kunst des anmutigen Gangwechsels.

Sie haben eine besondere Affinität für Vorkriegs-Alfa Romeo, vor allem 6C. Warum gerade dieser?

Alfa Romeo der Vorkriegszeit sind einfach Wunderwerke, sowohl technisch wie ästhetisch. Nachdem ich viel Zeit damit verbracht habe, Ferrari 250 GTO und SWB zu restaurieren, finde ich die tatsächlichen technischen Optimierungen, die Enzo Ferrari an den 6C MM-Rennwagen vorgenommen hatte, noch interessanter. Keine zwei Vorkriegs-Alfa Romeo ähneln sich. Man taucht immer tiefer in die Nuancen jedes dieser Autos ein und hat dabei den Eindruck, man liest in Enzos persönlichen Anmerkungen zu jeder Rennanalyse. Damit wird aber auch jede Restaurierung nochmal herausfordernder.

Sie haben auch eine sehr schöne Auswahl an französischen Vorkriegsmodellen. Welches sind Ihre Lieblinge?

Vorkriegs-Delage sind meine Favoriten. Ich liebe alles an ihnen , von ihrem Stil bis hin zu ihrem futuristischen Cotal-Vorwahlgetriebe. Die fahren sich wie ein Truck! Diese knüppelharte Grand Prix-Erfahrung der Vorkriegsära zu reproduzieren, ist kaum vorstellbar.

Könnten Sie etwas über den Prozess der Restaurierung erzählen?

Bei Restaurierungen geht es nicht immer um brachiale Eingriffe wie viele glauben. Jede Restaurierung beginnt mit einer Vision des Ziels. Wir planen für Szenarien – so als wäre das Fahrzeug bereits fertig. Denn Profitabilität und Verlust hinter diesem Prozess zu gewichten, ist der wohl wichtigste Aspekt. Leider übersehen viele diesen Faktor: Entscheidungen aus dem Bauch heraus, die keinem definierten Ziel folgen, münden dann oft in Kopfschmerzen und der Suche nach einem Exit-Plan.

Der Prozess des Restaurierens selbst ist überraschend geradlinig und überschaubar, vor allem heute, weil die meisten Marken über eigene Klassikerzentren und -abteilungen verfügen. Und wenn wir ehrlich sind, dann kümmern sich eBay und Google um den Rest. Das trifft allerdings nicht auf jedes zu. Deswegen empfehlen wir jedem, solche Projekte genau zu dokumentieren. Sollte etwas schiefgehen, dann ist man abgesichert und muss nichts bereuen. Ein Plan, die nötige Dokumentierung und Verfahrensabläufe sind ganz wesentlich. Wenn man zur abschließenden Phase vor spult, ist es essentiell, für die letzten zehn Prozent planen zu können. Dieser Aspekt des Prozesses verschlingt die meiste Zeit. Ist man nicht darauf vorbereitet, können die Kosten in die Höhe schießen.

Sie besitzen eine beneidenswerte Bibliothek. Wie wichtig ist diese Orientierung und Referenz für Sie und Ihre Arbeit?

Sehr wichtig. Aber auch hier gilt das ultimative Ziel eines Projekts. Wenn sich das fertiggestellte Fahrzeug einem Concours stellen soll, dann braucht man die Korrektheit, die einem ein Buch über die entsprechende Periode vermittelt. Darüber lässt sich aber streiten, denn Bücher und Online-Recherchen kann man mit Formen des Nährwerts, zum Beispiel Zucker, vergleichen. Eine Online-Suche generiert schnelle aber potenziell toxische Resultate. Hingegen bieten Bücher und Publikationen, deren Erscheinungsdatum nahe beim Baujahr des Projektautos liegt, den größten Nährwert. Auch wenn es länger dauert, sie zu verdauen. Für Fotos von Montagelinien, um Chassisnummern zu verifizieren, Motoren zu entschlüsseln und in manchen Fällen Werksbetriebsanleitungen zu studieren, sind Bücher unerlässlich. 

Wie hat sich Ihr Basisgeschäft in den letzten Jahren verändert?

Die letzten drei Jahre führten uns von in der Hauptsache Ferrari, Maserati und klassischen italienischen Autos hin zu einer erklecklichen Anzahl an Porsche und europäischen Rennwagen, zusammen mit einigen üppig ausgestatteten und sonderangefertigten klassischen 4x4. Aber Vorkriegsmodelle und klassische italienische Rennwagen bilden immer noch den Löwenanteil.

Was wäre Ihr Ansatz bei dem Delage, der aus der Baillon-Sammlung stammt?

In erster Linie Erhaltung. Sollte eine umfassende Restaurierung das Schicksal des Autos sein, dann schlage ich vor, sich um eine komplette Teilnahme im Concours-Kalender zu bemühen – das heißt, das Auto nach der Erhaltungsrichtlinie zu rekonstruieren und an jedem nur möglichen Event, jeder möglichen Rallye teilzunehmen und jeden Schritt dieses Weges zu dokumentieren. Eine Restaurierung bei der keine Kosten gescheut werden, könnte folgen, um dann in den anschließenden Saisons der Wettbewerbe Furore zu machen. Auf diese Art ist es noch nie gemacht worden.

Haben Sie eine Lieblingsanekdote über ein Auto, das Sie restauriert oder verkauft haben?

Und ob! Vor ein paar Jahren haben wir zwei Autos vorbereitet, mit denen wir dann auch zur Mille Miglia gereist sind: ein Ferrari 166MM von Anfang 1953 und ein ehemaliger Werks-Porsche 55RS von 1957. Sie gehörten Kunden mit Bleifüßen, die sich dicht hinter einander durch jede Etappe des Rennens jagten. Genau zur elften Stunden entdeckten beide Teams eine Tankstelle mitten im Nirgendwo. Mit rauchenden Bremsen und rotglühenden Auspuffrohren beschlossen sie hier zeitgleich anzuhalten.

An den Zapfsäulen gab es einen lebhaften Meinungsaustausch – manche hätten sagen können: unter Sportsmännern, andere: eine Kriegserklärung. Plötzlich vollführten beide einen Le Mans-artigen Sprung in ihre Autos, starteten blitzschnell die Motoren und stoben mit 7.500 Umdrehungen aus der kleinen ländlichen Tankstelle. In dem Moment realisierten wir, dass der Porsche-Besitzer vergesslich beim Öffnen des Ölventils gewesen war. Aber da hatte er schon in den dritten Gang geschaltet und raste Kopf an Kopf mit dem Ferrari. Dann, plötzlich, wirkte es, als wäre mit einem gewaltigen Kaboom eine Schrapnellgranate unter dem kleinen 55RS explodiert. Ein Schock. Es war der einzige Event, bei dem ein Auto, das wir vorbereitet hatten, nicht das Ziel erreichte. Und wir hatten es nicht in der Hand. Was für Zeiten!

Sie haben die Firma kürzlich um ein wunderbares neues Gebäude erweitert. Was sind Ihre Pläne für die Zukunft von Redline?

Das haben wir und es war ein mehr als notwendiger Schritt. Dank unserer unglaublichen Mitarbeiter und der Arbeiten, die wir in den letzten Jahren geleistet haben, kennt man in der Branche unseren Namen. Wir planen noch mehr Standorte und eine Berufsschule und noch einiges mehr. Es gibt so viele gute Dinge, die uns noch erwarten, und sie dienen alle einer starken Car Community für die Zukunft.

Unabhängig vom Budget: Was ist Ihr Traumauto?

Ganz einfach: der mächtige – und nicht so verschollene – Bugatti Aérolithe von 1935.

Text & Fotos: Rémi Dargegen for Classic Driver © 2020

Sie finden den gesamten Bestand von Redline Restaurations zum Verkauf im Classic Driver Markt.